Der Spitzenkandidat der SPD fordert höhere Einkommen für den Bundeskanzler. Jeder Sparkassendirektor würde mehr verdienen. (Spiegel)
Man könnte meinen, Peer Steinbrück sei von CDU-Wahlkampfstrategen für diese Aussage bezahlt worden. Die SPD-Stammwählerschaft wird es ihm vermutlich nicht danken.
Aber hat er schlussendlich nicht tatsächlich recht?
Man möchte Größen aus der Wirtschaft, Sanierer, die bereits ihre Kompetenz bewiesen haben, in der Politik sehen. Man möchte unsere Abgeordneten, aus denen sich in der Regel die höheren Mandate wie Minister rekrutieren, aber bezahlen wie Hochschullehrer - angestachelt durch die Neiddebatte des Stammtisches. Übrigens ungeachtet der Tatsache, dass die Diäten in Deutschland im europäischen Vergleich im hinteren Mittelfeld liegen. Spitzenreiter bei Politikerbezügen ist Italien.
Für Ökonomen, Manager, hochrangige Juristen usw. stellen die Diäten im Verhältnis zu 60-70h Wochen, in der Regel Zweitwohnsitz in Berlin, Trennung von Familie, Verlust von Privatsphäre und dergleichen mehr eher uninteressante Verdienstmöglichkeiten dar.
In der Folge haben wir Parlamentarier, die entweder tatsächlich aus Idealismus in die Politik gehen - oder aber Politiker, für die MdB- oder MdL-Bezüge eine deutliche Aufwertung des bisherigen Gehalts darstellen. So werden Physikerinnen Bundeskanzlerin, Ärzte erst Gesundheits-, dann Wirtschaftsminister und Biologielehrer Ministerpräsident.

Björn Vetter - privater Blog: Politik - Vaihingen - Kommunales - Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) - Bevölkerungsschutz - Bundeswehr - Sozial- und Gesundheitswesen - Social Media - BWL - Marketing - EinsatzVeteran - Segelfliegen - Motto: Proud to be a nerd! Gebloggt wird, was bewegt.
Samstag, 29. Dezember 2012
Mittwoch, 12. Dezember 2012
Formulierungshilfen für Strategieprozesse
Strategieprozess
– das Wort ist in aller Munde. Prof. Dr. W. Orthülse, anerkannter
Linguistikwissenschaftler mit Lehrstuhl an der Universität Phrasen/Dreschen,
analysierte die Strategieprozesse großer Verbände der vergangenen 40 Jahre und
konnte diverse Schlüsselbegriffe ausfindig machen, die in jedweder Art von
Strategiepapier elementare und unverzichtbare Bestandteile darstellen.
Das
„automatische Schnellformulierungssystem“ stützt sich auf eine Liste von 30
sorgfältig ausgesuchten Elementen.
Adjektiv
|
Subjekt-Anfang
|
Subjekt-Ende
|
0 interkulturelle
|
0 Führungs-
|
0 –struktur
|
1 integrierte
|
1 Organisations-
|
1 –kriterien
|
2 permanente
|
2 Management-
|
2 –ebene
|
3 systematisierte
|
3 Krisen-
|
3 –tendenz
|
4 progressive
|
4 Durchlässigkeits-
|
4 –konzeption
|
5 funktionelle
|
5 Ehrenamtlichkeits-
|
5 –phase
|
6 orientierte
|
6 Migrations-
|
6 –problematik
|
7 synchrone
|
7 Einsatzformations-
|
7 –flexibilität
|
8 qualifizierte
|
8 Leitungs-
|
8 –ansprüche
|
9 konsequente
|
9 Öffnungs-
|
9 –orientierung
|
Die
Handhabung ist einfach. Denken Sie sich eine beliebige dreistellige Zahl und
suchen Sie die entsprechenden Wörter in jeder Spalte. Die Ziffern 019 ergeben
zum Beispiel „interkulturelle
Organisationsorientierung“, die Ziffern 357 „systematisierte Ehrenamtlichkeitsflexibilität“. Ausdrücke, die
praktisch jeder Abhandlung, jedem Bericht und jeder Rede eine entschiedene, von
Fachwissen geprägte Autorität verleihen und dabei verschleiern, dass seit
Jahrzehnten bekannte Problematiken lediglich in neue Begrifflichkeiten gepresst
werden und die neu aufgezeigten Lösungswege ebenso altbekannt sind – in der
Praxis jedoch nie umgesetzt wurden.
„Die
meisten werden nicht im entferntesten wissen, wovon Sie reden“, sagt Prof. Dr.
W. Orthülse. „Aber entscheidend ist, dass niemand es wagen wird, es zuzugeben.“
Mittwoch, 14. November 2012
Nachhaltige Politik - oder die "Kita-Story"
Der geneigte Leser weiß, dass ich mich bereits seit längerem mit diesem Thema beschäftige, zugegebenermaßen durchaus auch aus einem eigenen Interesse heraus. So hatte ich bereits im Januar 2011 postuliert, dass einzelne Kommunen die Nachfrage nach Kindertagesstätten durch exorbitant hohe Kita-Gebühren künstlich niedrig halten wollen.
Mittlerweile wurden in meiner Heimatstadt die Gebühren zum September diesen Jahres "moderat" erhöht, generell um 10%. Diese moderate Erhöhung bedeutet, dass für die Ganztagesbetreuung in der Kindertagesstätte für Ü3jährige Kinder 399 € in der höchsten Einkommensgruppe (Haushaltsbrutto bei 55.000 €) fällig werden, für Kinder zwischen dem vollendeten ersten und dritten Lebensjahr der 1,5fache Satz und für Kinder unter einem Jahr der doppelte. In unserem konkreten Fall bedeutet das, dass wir für die Ganztagesbetreuung 598,50 € zzgl. einer Verpflegungspauschale von 50 €, gesamt also 648,50 € bezahlen müssten. Auf der Homepage der Stadt wird dies unter anderem dadurch gerechtfertigt, dass die letzte Erhöhung im Jahr 2006 stattgefunden habe und die Stadt sich auf diesem Gebiet überproportional engagiere und das Angebot weiter ausbaue, so OB Ralf Eggert.
Eine ähnliche Argumentation habe ich im persönlichen Schriftverkehr mit dem Oberbürgermeister zu hören bekommen. Im März diesen Jahres titelte der Schwarzwälder Bote "Sogar die Eltern haben Verständnis". Nein, lieber Schwarzwälder Bote und Herr Oberbürgermeister, haben Sie nicht - zumindest wir nicht. Nach dieser plakativen Aussage habe ich eine Anfrage an OB, Gemeinderat und Elternbeirat gestellt. Ich bat unter anderem um Aufklärung, warum Calw am oberen Ende der Skala in Baden-Württemberg liegt. Zum Vergleich die zum März 2012 recherchierten Daten zur Betreuung U3jähriger:
Calw: 544,50 €
Pforzheim: 310,00 €
Sindelfingen: 264,00 €
Böblingen: 260,00 €
Stuttgart: 167,00 €
Der gesamte Text ist hier nachzulesen. Ich erhielt tatsächlich direkt einen Tag später eine Antwort vom OB. Ob diese Anfrage im Gemeinde- und Elternbeirat diskutiert wurde, entzieht sich meiner Erkenntnis. Die Grundargumentation Herrn Eggerts ist folgende:
1. im Bereich der "Verlängerten Öffnungszeiten" also der Halbtagesbetreuung bis 6 Stunden, liege man deutlich unter dem Landesrichtsatz
2. für Ganztagesbetreuung gibt es keinen Richtsatz, jede Kommune könne dies grundsätzlich selbst festlegen
3. in Calw gab es in den vergangenen Jahren sehr hohe Investitionen, die Schere zwischen Entgelten und Kosten klaffe immer weiter auseinander
4. optimales Personal- und Raumangebot, qualitativ hochwertiges Mittagessen habe seinen Preis
5. die Stadt Calw sei eine nur mit geringen Steuereinnahmen gesegnete Kommune
Hier die Antwort im Originaltext.
Auf den ersten Blick erscheint die Argumentation der Stadt Calw schlüssig, sofern man gnädig darüber hinweg sieht, dass die "qualitativ hochwertigen Mahlzeiten" ohnehin gesondert abgerechnet werden und kein Bestandteil der Kita-Gebühren sind. Bei näherem Hinsehen allerdings wird es skurril. Unterm Strich wird eigentlich nichts anderes ausgesagt, als dass die Stadt Calw dafür, dass sie einer gesetzlichen Verpflichtung nachkommt, die Kosten auf die Bürger umlegt - und zwar wesentlich stärker als die meisten anderen Kommunen im "Ländle". Wir erinnern uns, ab August 2013 haben die Eltern U3jähriger Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Dass hierfür Mehrkosten entstehen, das ist völlig klar. Dass das gegenfinanziert sein will, ist auch nachvollziehbar. Die Kita-Gebühren allerdings in Höhen zu katapultieren, die es Normalverdienern faktisch unmöglich machen, einen Kita-Platz in Anspruch zu nehmen, entbehrt schlussendlich nicht einer perfiden Logik. Nachfrage gering halten und somit den kommunalen Haushalt entlasten. Dass die Region damit unattraktiv für Familien wird, das wird billigend in Kauf genommen. Ob das eine geeignete Maßnahme ist, die Steuereinnahmen der Kommune zu erhöhen, darf dann doch stark bezweifelt werden.
Absurd wird es in meinen Augen, sobald man nun nicht nur interkommunale Vergleiche in Baden-Württemberg anstellt, sondern vor dem Hintergrund des Länderfinanzausgleichs betrachtet, dass es durchaus Bundesländer gibt, in denen die Kinderbetreuung durch Landesgesetze vorgeschrieben kostenfrei angeboten wird. Dies sogar mit einklagbaren Rechtsanspruch, wie ein Urteil in Rheinland-Pfalz letzte Woche bestätigte. Hier muss die Stadt Mainz, da sie keinen Krippenplatz zur Verfügung stellen kann, die Kosten für die private Kinderbetreuung vollumfänglich übernehmen. Interessanterweise werden kostenfreie Kinderbetreuungen ausschließlich in Bundesländern angeboten, die zu den sog. "Nehmerländern" im Länderfinanzausgleich zählen. Der Stammtisch in Baden-Württemberg und Bayern schreit bei so etwas empört auf: "Da bleibt also unser Geld! Unverschämtheit" und sofort entflammt die Föderalismusdebatte erneut. Ich hingegen stelle die Frage: Haben die entsprechenden Bundesländer einfach eine bestimmte Tatsache erkannt, dass sie trotz desolater Haushaltslage Geld in Familien investieren?
Die Politik leistet sich einen Schildbürgerstreich nach dem anderen. Der kommende Rechtsanspruch im August 2013 ist seit langem bekannt. Bereits damals war es ein Fehler, sich nicht intensiver mit der Finanzierung auseinanderzusetzen. Vor der unbequemen Fragestellung der Gegenfinanzierung wurde das Projekt verschlafen. Es wurde nicht dafür gesorgt, in ausreichendem Maße Erzieher/innen auszubilden und das Berufsbild aufzuwerten. Es wurde nicht bereits vor fünf Jahren mit der Planung für neue Kitas begonnen. Strategische Zielsetzungen in diesem Bereich wurden offensichtlich vielfach völlig vergessen. Und was schlägt nun der deutsche Städtetag vor? Was ist der nahe liegende Schluss? Richtig, bevor die Bürger nun auf die Idee kommen, ihre Rechtsansprüche durchzusetzen und einzuklagen, will man kurzfristig das Gesetz ändern. Jahrelang wurde geschlafen - und der Bürger muss erkennen, dass Gesetze nun mal eben doch kein Garant dafür sind, im Land und im Staat einen verlässlichen Partner zu haben und muss die Zeche bezahlen.
Neben der These, dass die Nachfrage nach Kita-Plätzen in meiner Heimatstadt künstlich gering gehalten wird, postuliere ich zusätzlich heute eine weitere: Der demographische Wandel arbeitet für die Politik. Wenn die Prognosen der Soziologen Recht behalten und sich die Geburtenrate nicht erhöht, wenn weiterhin eine Abwanderung vom Land in die Metropolregionen stattfindet, auf einen Rentennehmer irgendwann weniger als zwei Erwerbstätige kommen - dann führt das aufgrund der zwingend notwendigen Kürzungen in jedem Bereich staatlicher Leistung zu einer Besinnung auf alte Traditionen. Bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement wird wieder zunehmen müssen, um die Lücken in der Daseinsvorsorge der Gemeinschaft, die der Staat hinterlassen wird, zu schließen. Es wird wieder vermehrt Mehrgenerationenhäuser geben, da die Pflege unserer alten Familienangehörigen unbezahlbar wird. Somit hat sich das Kita-Problem ohnehin erledigt. Vor diesem Hintergrund macht auch auf einmal das Betreuungsgeld wieder Sinn - und auch die Politik meiner Heimatstadt: Man hat den Untergang erkannt, weiß, dass es die Nachfolger in Politik und Verwaltung betreffen wird und hat resiginierend aufgegeben. Die Maxime lautet: Nach mir die Sintflut.
Das, meine lieben Leser, ist wahre nachhaltige Politik!
P.S.: Und wir suchen derzeit in der Metropolregion Stuttgart ein Haus mit barrierefreier Erdgeschoss- oder Einliegerwohnung für meinen Schwiegervater zur Miete. Angebote bitte an die Impressum angegebene Email-Adresse.
Mittlerweile wurden in meiner Heimatstadt die Gebühren zum September diesen Jahres "moderat" erhöht, generell um 10%. Diese moderate Erhöhung bedeutet, dass für die Ganztagesbetreuung in der Kindertagesstätte für Ü3jährige Kinder 399 € in der höchsten Einkommensgruppe (Haushaltsbrutto bei 55.000 €) fällig werden, für Kinder zwischen dem vollendeten ersten und dritten Lebensjahr der 1,5fache Satz und für Kinder unter einem Jahr der doppelte. In unserem konkreten Fall bedeutet das, dass wir für die Ganztagesbetreuung 598,50 € zzgl. einer Verpflegungspauschale von 50 €, gesamt also 648,50 € bezahlen müssten. Auf der Homepage der Stadt wird dies unter anderem dadurch gerechtfertigt, dass die letzte Erhöhung im Jahr 2006 stattgefunden habe und die Stadt sich auf diesem Gebiet überproportional engagiere und das Angebot weiter ausbaue, so OB Ralf Eggert.
Eine ähnliche Argumentation habe ich im persönlichen Schriftverkehr mit dem Oberbürgermeister zu hören bekommen. Im März diesen Jahres titelte der Schwarzwälder Bote "Sogar die Eltern haben Verständnis". Nein, lieber Schwarzwälder Bote und Herr Oberbürgermeister, haben Sie nicht - zumindest wir nicht. Nach dieser plakativen Aussage habe ich eine Anfrage an OB, Gemeinderat und Elternbeirat gestellt. Ich bat unter anderem um Aufklärung, warum Calw am oberen Ende der Skala in Baden-Württemberg liegt. Zum Vergleich die zum März 2012 recherchierten Daten zur Betreuung U3jähriger:
Calw: 544,50 €
Pforzheim: 310,00 €
Sindelfingen: 264,00 €
Böblingen: 260,00 €
Stuttgart: 167,00 €
Der gesamte Text ist hier nachzulesen. Ich erhielt tatsächlich direkt einen Tag später eine Antwort vom OB. Ob diese Anfrage im Gemeinde- und Elternbeirat diskutiert wurde, entzieht sich meiner Erkenntnis. Die Grundargumentation Herrn Eggerts ist folgende:
1. im Bereich der "Verlängerten Öffnungszeiten" also der Halbtagesbetreuung bis 6 Stunden, liege man deutlich unter dem Landesrichtsatz
2. für Ganztagesbetreuung gibt es keinen Richtsatz, jede Kommune könne dies grundsätzlich selbst festlegen
3. in Calw gab es in den vergangenen Jahren sehr hohe Investitionen, die Schere zwischen Entgelten und Kosten klaffe immer weiter auseinander
4. optimales Personal- und Raumangebot, qualitativ hochwertiges Mittagessen habe seinen Preis
5. die Stadt Calw sei eine nur mit geringen Steuereinnahmen gesegnete Kommune
Hier die Antwort im Originaltext.
Auf den ersten Blick erscheint die Argumentation der Stadt Calw schlüssig, sofern man gnädig darüber hinweg sieht, dass die "qualitativ hochwertigen Mahlzeiten" ohnehin gesondert abgerechnet werden und kein Bestandteil der Kita-Gebühren sind. Bei näherem Hinsehen allerdings wird es skurril. Unterm Strich wird eigentlich nichts anderes ausgesagt, als dass die Stadt Calw dafür, dass sie einer gesetzlichen Verpflichtung nachkommt, die Kosten auf die Bürger umlegt - und zwar wesentlich stärker als die meisten anderen Kommunen im "Ländle". Wir erinnern uns, ab August 2013 haben die Eltern U3jähriger Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Dass hierfür Mehrkosten entstehen, das ist völlig klar. Dass das gegenfinanziert sein will, ist auch nachvollziehbar. Die Kita-Gebühren allerdings in Höhen zu katapultieren, die es Normalverdienern faktisch unmöglich machen, einen Kita-Platz in Anspruch zu nehmen, entbehrt schlussendlich nicht einer perfiden Logik. Nachfrage gering halten und somit den kommunalen Haushalt entlasten. Dass die Region damit unattraktiv für Familien wird, das wird billigend in Kauf genommen. Ob das eine geeignete Maßnahme ist, die Steuereinnahmen der Kommune zu erhöhen, darf dann doch stark bezweifelt werden.
Absurd wird es in meinen Augen, sobald man nun nicht nur interkommunale Vergleiche in Baden-Württemberg anstellt, sondern vor dem Hintergrund des Länderfinanzausgleichs betrachtet, dass es durchaus Bundesländer gibt, in denen die Kinderbetreuung durch Landesgesetze vorgeschrieben kostenfrei angeboten wird. Dies sogar mit einklagbaren Rechtsanspruch, wie ein Urteil in Rheinland-Pfalz letzte Woche bestätigte. Hier muss die Stadt Mainz, da sie keinen Krippenplatz zur Verfügung stellen kann, die Kosten für die private Kinderbetreuung vollumfänglich übernehmen. Interessanterweise werden kostenfreie Kinderbetreuungen ausschließlich in Bundesländern angeboten, die zu den sog. "Nehmerländern" im Länderfinanzausgleich zählen. Der Stammtisch in Baden-Württemberg und Bayern schreit bei so etwas empört auf: "Da bleibt also unser Geld! Unverschämtheit" und sofort entflammt die Föderalismusdebatte erneut. Ich hingegen stelle die Frage: Haben die entsprechenden Bundesländer einfach eine bestimmte Tatsache erkannt, dass sie trotz desolater Haushaltslage Geld in Familien investieren?
Die Politik leistet sich einen Schildbürgerstreich nach dem anderen. Der kommende Rechtsanspruch im August 2013 ist seit langem bekannt. Bereits damals war es ein Fehler, sich nicht intensiver mit der Finanzierung auseinanderzusetzen. Vor der unbequemen Fragestellung der Gegenfinanzierung wurde das Projekt verschlafen. Es wurde nicht dafür gesorgt, in ausreichendem Maße Erzieher/innen auszubilden und das Berufsbild aufzuwerten. Es wurde nicht bereits vor fünf Jahren mit der Planung für neue Kitas begonnen. Strategische Zielsetzungen in diesem Bereich wurden offensichtlich vielfach völlig vergessen. Und was schlägt nun der deutsche Städtetag vor? Was ist der nahe liegende Schluss? Richtig, bevor die Bürger nun auf die Idee kommen, ihre Rechtsansprüche durchzusetzen und einzuklagen, will man kurzfristig das Gesetz ändern. Jahrelang wurde geschlafen - und der Bürger muss erkennen, dass Gesetze nun mal eben doch kein Garant dafür sind, im Land und im Staat einen verlässlichen Partner zu haben und muss die Zeche bezahlen.
Neben der These, dass die Nachfrage nach Kita-Plätzen in meiner Heimatstadt künstlich gering gehalten wird, postuliere ich zusätzlich heute eine weitere: Der demographische Wandel arbeitet für die Politik. Wenn die Prognosen der Soziologen Recht behalten und sich die Geburtenrate nicht erhöht, wenn weiterhin eine Abwanderung vom Land in die Metropolregionen stattfindet, auf einen Rentennehmer irgendwann weniger als zwei Erwerbstätige kommen - dann führt das aufgrund der zwingend notwendigen Kürzungen in jedem Bereich staatlicher Leistung zu einer Besinnung auf alte Traditionen. Bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement wird wieder zunehmen müssen, um die Lücken in der Daseinsvorsorge der Gemeinschaft, die der Staat hinterlassen wird, zu schließen. Es wird wieder vermehrt Mehrgenerationenhäuser geben, da die Pflege unserer alten Familienangehörigen unbezahlbar wird. Somit hat sich das Kita-Problem ohnehin erledigt. Vor diesem Hintergrund macht auch auf einmal das Betreuungsgeld wieder Sinn - und auch die Politik meiner Heimatstadt: Man hat den Untergang erkannt, weiß, dass es die Nachfolger in Politik und Verwaltung betreffen wird und hat resiginierend aufgegeben. Die Maxime lautet: Nach mir die Sintflut.
Das, meine lieben Leser, ist wahre nachhaltige Politik!
P.S.: Und wir suchen derzeit in der Metropolregion Stuttgart ein Haus mit barrierefreier Erdgeschoss- oder Einliegerwohnung für meinen Schwiegervater zur Miete. Angebote bitte an die Impressum angegebene Email-Adresse.
Freitag, 9. November 2012
Führungsstile
Wir alle kennen die klassischen Führungsstile nach Kurt Lewin. Autoritärer Führungsstil, demokratischer oder auch kooperativer Führungsstil und der Laissez-Faire-Führungsstil. Man ist sich im großen und ganzen einig, dass der kooperative Führungsstil Anwendung finden sollte, abgestuft im Rahmen eines situativen Führungsstilmodells. Kooperatives Führen bedeutet in meinen Augen vor allem, Mitarbeitende in Entscheidungsfindungsprozesse mit einzubinden und sich ungeachtet der tatsächlichen Entscheidungskompetenz, die klar in hierarchischen Strukturen der Natur der Sache folgend "oben" verankert ist, auf Augenhöhe zu begegnen.
Immer wieder wird man heutzutage jedoch Zeuge eines weiteren Führungsstils, die sogenannte Führung durch den SM-Management Style. Der geneigte Leser liegt vordergründig nicht einmal so falsch, wenn er SM zunächst einmal mit der Lehre Marquise de Sades in Zusammenhang bringt, so benötigt die Anwendung des SM-Management Styles eine gehörige Portion Sadismus auf der einen sowie eine nicht minder große Portion Masochismus auf der anderen Seite. Die korrekte Definition lautet allerdings „Führen durch Seitenhiebe und Mobbing“. Um diesen Führungsstil zur Perfektion reifen zu lassen, bedarf es einiger elementarer Grundregeln:
1. Sollte ein Ihnen unliebsamer Mitarbeiter für eine Tätigkeit Dank und Lob erfahren, verpassen Sie nicht die Gelegenheit, sofort auf angebliche Verfehlungen hinzuweisen. Beispiel: „Wir danken dem Mitarbeiter für die Protokollierung der Sitzung...“, an dieser Stelle ins Wort fallen: „Der soll erst mal andere Protokolle fertigstellen.“
2. Machen Sie dem Mitarbeiter klar, dass er lediglich zu Protokollzwecken anwesend ist, seine eigene Meinung zum Thema aber völlig irrelevant sei. Geben Sie keinesfalls Kompetenzen ab und delegieren Sie ausschließlich unliebsame Tätigkeiten.
3. Sprechen Sie von diesem Mitarbeiter stets in der 3. Person, als wenn er nicht anwesend wäre.
4. Verteilen Sie bei jeder passenden Gelegenheit Spitzen, die Eingeweihte sofort auf den Mitarbeiter beziehen.
5. Unterlassen Sie es grundsätzlich, Standardfloskeln wie Bitte und vor allem Danke zu benutzen, sämtliche Tätigkeiten sind ohnehin als Selbstverständlichkeit zu betrachten, schließlich bekommt der Mitarbeiter ja Geld dafür.
6. Selbst wenn Sie nachweislich über das Ziel hinausgeschossen sind, indem Sie den Mitarbeiter völlig ungerechtfertigt attackieren, ist eine Entschuldigung ein Zeichen von Schwäche. Tun Sie es nicht.
7. Attackieren Sie den Mitarbeiter für Sachverhalte, an denen er definitiv unschuldig ist. Wenn Sie auf diesen angeblich ungerechtfertigten Angriff hingewiesen werden, behaupten Sie einfach, sich dem allgemeinen Niveau angepasst zu haben.
8. Locken Sie den Mitarbeiter mit Aussagen wie „Das kann man jetzt glauben oder auch nicht“ aus der Reserve. Sollte er tatsächlich die Unverfrorenheit besitzen, Ihnen vorzuwerfen, ihn als Lügner bezeichnet zu haben, verwehren Sie sich dagegen vehement.
9. Drohen Sie subtil mit dem Hinweis, man sei schon ganz andere Personen, die unbequem wurden, losgeworden.
10. Ignorieren Sie geflissentlich die zur Unternehmenskultur gehörenden Führungsgrundsätze und das Leitbild. Das mag für andere gelten, ab einer gewissen hierarchischen Ebene müssen diese selbstverständlich nicht mehr zur Anwendung kommen.
Wenn Sie diese 10 goldene Regeln berücksichtigen, können Sie sich Ihres Erfolgs sicher sein. Ihr Mitarbeiter wird stets mit großer Freude zur Arbeit erscheinen. Er wird die von ihm abverlangte Leistung gerne erbringen, in seiner Freizeit gerne an Sitzungen oder auch Wochenendveranstaltungen teilnehmen. Kurz: Er wird Sie abgöttisch lieben und nie, wirklich niemals mit dem Gedanken spielen, sich um eine neue Anstellung zu bemühen.
An dieser Stelle endet der ironische Teil meiner kurzen Ausführungen zu Führungsstilen. Ich bin froh und dankbar, dass ich oben genanntes nicht alltäglich und vor allem nicht durch meine direkten Vorgesetzten erfahren muss. Nichtsdestotrotz erfahre ich im unmittelbaren Umfeld immer wieder, dass Sozialkompetenz für Führungskräfte im Sozial- und Gesundheitswesen oder für Wahlämter in Politik und Organisationen augenscheinlich keine zwingende Voraussetzung zu sein scheint.
Ich frage mich, wo die Gründe für ein derartiges Führungsverhalten liegen. Gibt es tatsächlich objektive Mängel an der Arbeit des Mitarbeitenden? Oder sind diese eher einer subjektiven Wahrnehmung, dem eigenen Selbstbild und unklarer Kompetenzverteilung geschuldet?
Wo auch immer die Ursachen liegen mögen, so muss sich meiner Ansicht nach jeder Vorgesetzte - ich nehme mich da keinesfalls aus - stets vergegenwärtigen, dass das Gegenüber ein Mensch mit eigenen Gefühlen, eigenen Wertvorstellungen und dem unveräußerlichen Recht auf Würde ist. Sich lediglich auf die Amtsautorität zu verlassen und Respekt als Einbahnstraße von unten nach oben zu betrachten, führt unweigerlich zu einer Arbeitskultur, die von Misstrauen und verminderter Produktivität geprägt ist. Potenziale bleiben ungenutzt, Kreativität und Eigeninitiative werden im Keim erstickt.
Führung bedeutet Macht und mit Macht geht Verantwortung einher. Verantwortung gegenüber dem Mitarbeiter, der eigenen Firma, dem Betrieb oder der Organisation und nicht zuletzt auch gegenüber sich selbst.
In diesem Sinne, lasst uns alle verantwortungsvoll Macht ausüben.
Immer wieder wird man heutzutage jedoch Zeuge eines weiteren Führungsstils, die sogenannte Führung durch den SM-Management Style. Der geneigte Leser liegt vordergründig nicht einmal so falsch, wenn er SM zunächst einmal mit der Lehre Marquise de Sades in Zusammenhang bringt, so benötigt die Anwendung des SM-Management Styles eine gehörige Portion Sadismus auf der einen sowie eine nicht minder große Portion Masochismus auf der anderen Seite. Die korrekte Definition lautet allerdings „Führen durch Seitenhiebe und Mobbing“. Um diesen Führungsstil zur Perfektion reifen zu lassen, bedarf es einiger elementarer Grundregeln:
1. Sollte ein Ihnen unliebsamer Mitarbeiter für eine Tätigkeit Dank und Lob erfahren, verpassen Sie nicht die Gelegenheit, sofort auf angebliche Verfehlungen hinzuweisen. Beispiel: „Wir danken dem Mitarbeiter für die Protokollierung der Sitzung...“, an dieser Stelle ins Wort fallen: „Der soll erst mal andere Protokolle fertigstellen.“
2. Machen Sie dem Mitarbeiter klar, dass er lediglich zu Protokollzwecken anwesend ist, seine eigene Meinung zum Thema aber völlig irrelevant sei. Geben Sie keinesfalls Kompetenzen ab und delegieren Sie ausschließlich unliebsame Tätigkeiten.
3. Sprechen Sie von diesem Mitarbeiter stets in der 3. Person, als wenn er nicht anwesend wäre.
4. Verteilen Sie bei jeder passenden Gelegenheit Spitzen, die Eingeweihte sofort auf den Mitarbeiter beziehen.
5. Unterlassen Sie es grundsätzlich, Standardfloskeln wie Bitte und vor allem Danke zu benutzen, sämtliche Tätigkeiten sind ohnehin als Selbstverständlichkeit zu betrachten, schließlich bekommt der Mitarbeiter ja Geld dafür.
6. Selbst wenn Sie nachweislich über das Ziel hinausgeschossen sind, indem Sie den Mitarbeiter völlig ungerechtfertigt attackieren, ist eine Entschuldigung ein Zeichen von Schwäche. Tun Sie es nicht.
7. Attackieren Sie den Mitarbeiter für Sachverhalte, an denen er definitiv unschuldig ist. Wenn Sie auf diesen angeblich ungerechtfertigten Angriff hingewiesen werden, behaupten Sie einfach, sich dem allgemeinen Niveau angepasst zu haben.
8. Locken Sie den Mitarbeiter mit Aussagen wie „Das kann man jetzt glauben oder auch nicht“ aus der Reserve. Sollte er tatsächlich die Unverfrorenheit besitzen, Ihnen vorzuwerfen, ihn als Lügner bezeichnet zu haben, verwehren Sie sich dagegen vehement.
9. Drohen Sie subtil mit dem Hinweis, man sei schon ganz andere Personen, die unbequem wurden, losgeworden.
10. Ignorieren Sie geflissentlich die zur Unternehmenskultur gehörenden Führungsgrundsätze und das Leitbild. Das mag für andere gelten, ab einer gewissen hierarchischen Ebene müssen diese selbstverständlich nicht mehr zur Anwendung kommen.
Wenn Sie diese 10 goldene Regeln berücksichtigen, können Sie sich Ihres Erfolgs sicher sein. Ihr Mitarbeiter wird stets mit großer Freude zur Arbeit erscheinen. Er wird die von ihm abverlangte Leistung gerne erbringen, in seiner Freizeit gerne an Sitzungen oder auch Wochenendveranstaltungen teilnehmen. Kurz: Er wird Sie abgöttisch lieben und nie, wirklich niemals mit dem Gedanken spielen, sich um eine neue Anstellung zu bemühen.
An dieser Stelle endet der ironische Teil meiner kurzen Ausführungen zu Führungsstilen. Ich bin froh und dankbar, dass ich oben genanntes nicht alltäglich und vor allem nicht durch meine direkten Vorgesetzten erfahren muss. Nichtsdestotrotz erfahre ich im unmittelbaren Umfeld immer wieder, dass Sozialkompetenz für Führungskräfte im Sozial- und Gesundheitswesen oder für Wahlämter in Politik und Organisationen augenscheinlich keine zwingende Voraussetzung zu sein scheint.
Ich frage mich, wo die Gründe für ein derartiges Führungsverhalten liegen. Gibt es tatsächlich objektive Mängel an der Arbeit des Mitarbeitenden? Oder sind diese eher einer subjektiven Wahrnehmung, dem eigenen Selbstbild und unklarer Kompetenzverteilung geschuldet?
Wo auch immer die Ursachen liegen mögen, so muss sich meiner Ansicht nach jeder Vorgesetzte - ich nehme mich da keinesfalls aus - stets vergegenwärtigen, dass das Gegenüber ein Mensch mit eigenen Gefühlen, eigenen Wertvorstellungen und dem unveräußerlichen Recht auf Würde ist. Sich lediglich auf die Amtsautorität zu verlassen und Respekt als Einbahnstraße von unten nach oben zu betrachten, führt unweigerlich zu einer Arbeitskultur, die von Misstrauen und verminderter Produktivität geprägt ist. Potenziale bleiben ungenutzt, Kreativität und Eigeninitiative werden im Keim erstickt.
Führung bedeutet Macht und mit Macht geht Verantwortung einher. Verantwortung gegenüber dem Mitarbeiter, der eigenen Firma, dem Betrieb oder der Organisation und nicht zuletzt auch gegenüber sich selbst.
In diesem Sinne, lasst uns alle verantwortungsvoll Macht ausüben.
Dienstag, 30. Oktober 2012
Für eine "Kultur des Erbarmens"
Heute ist der Todestag von Henri Dunant. Er gilt als der Gründungsvater des „Roten Kreuzes“. Dank den vielen Helferinnen und Helfern. Sie stehen für eine „Kultur des Erbarmens“.
Das „Internationale Rote Kreuz“ gedenkt heute seines Gründers Henri Dunant, der am 30. Oktober 1910 gestorben ist. Der Schweizer Geschäftsmann war 1859 bei einer Italienreise unversehens in die Schlacht von Solferino hineingeraten und sah mit Entsetzen 40.000 Gefallene, Sterbende und Verwundete auf dem Schlachtfeld liegen. Todesmutig und ohne irgend ein Mandat organisierte Henri Dunant noch am selben Tag in den umliegenden Dörfern erste Hilfe für die Verletzten. Sein später verfasstes Buch über diese Ereignisse hat die damalige Weltöffentlichkeit erschüttert. So kam es zur Gründung eines „Internationalen Komitees vom Roten Kreuz“. Die „Genfer Konvention“ aus dem Jahre 1864, immer wieder aktualisiert, garantiert seitdem den neutralen Schutz des „Roten Kreuzes“ in bewaffneten Konflikten.
Auch das „Deutsche Rote Kreuz“ sieht in Henri Dunant seinen Gründungsvater. Das DRK, einer der größten Wohlfahrtsverbände im Land, bewältigt ein immenses Aufgabenspektrum. Es reicht vom Katastrophenschutz über das Sanitäts- und Rettungswesen bis hin zur praktischen Sozialarbeit.
Der heutige Gedenktag könnte Anlass sein, den Helferinnen und Helfern aller Rettungs- und Wohlfahrtsorganisationen für ihren Dienst zudanken. Ich bewundere die Profis auf den Rettungsfahrzeugen, denen ich als Notfallseelsorger oft begegnet bin. Tag und Nacht sehen sie sich mit Krankheit und Tod konfrontiert. Das will auch seelisch ausgehalten sein.
Dank gebührt aber auch den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Sie opfern Kraft und Zeit im Sanitätsdienst, werkeln in Kleiderstuben und Möbelhallen, engagieren sich im Katastrophenschutz, in Pflege und Sozialarbeit.
Hoffentlich gelingt es uns, auch weiterhin junge Menschen für solche Samariterdienste zu begeistern. Da genügt es allerdings nicht, nurden Button „gefällt mir“ am Handy zu drücken. Hier gilt es, Kraft und Zeit für das Wohlergehen anderer zu investieren. Nicht umsonst, denn da kommt auch für einen selber viel rüber.
In einer Zeit, in der sich alles rechnen und rentieren muss, brauchen wir mehr denn je eine „Kultur des Erbarmens“. Die professionellen Organisationen schaffen das alleine nicht, die müssen ja selber spitz kalkulieren und „schwarze Zahlen“ abliefern.
Eine „Kultur des Erbarmens“ müsste in den Herzen Vieler verankert sein, damit Menschen Zuwendung und Hilfe, Nähe und Liebe erfahren.
Auch wenn ich sicher nicht zu den größten Fans kirchlicher Würdenträger gehöre, so spricht mir dieser katholische Geistliche doch aus dem Herzen. Insbesondere seine Kritik an der "gefällt mir"-Mentalität gefällt mir! Wie leicht ist es doch, gesellschaftliche Missstände anzuprangern, sich rein virtuell für Tiere, für Kinder, für Menschen in Not einzusetzen. Einfach mit einem Mausklick... Bequem von der Couch aus, mit dem Smartphone in der Hand, am Notebook, am PC erspart man sich auf diese Art und Weise doch tatsächliche ehrenamtliche Betätigung und fühlt sich trotzdem gut dabei.
Ehrenamt... Was bedeutet dieser alte Begriff heute noch? Ist ehrenamtliche Arbeit überhaupt noch zeitgemäß?
In meinen Augen ist das Ehrenamt heute wichtiger denn je. Sicherlich ist der klassische Ehrenamtliche, wie es ihn vor 30 Jahren noch gab, der aus purem Altruismus handelt, heute so gut wie ausgestorben. Es liegt an den Organisationen, ehrenamtliche Arbeit attraktiv zu gestalten, denn die Frage "Was hab ich denn davon?" gehört zum heutigen gesellschaftlichen Selbstverständnis. Auch darf bezweifelt werden, ob es den klassischen Altruismus in der Form überhaupt jemals gab - und wenn es nur "das gute Gefühl, gebraucht zu werden" ist, profitiert man selbst davon.
Ich möchte als Beispiel für ehrenamtliche Arbeit die freiwillige Feuerwehr oder die Arbeit in einer Hilfsorganisation wie dem DRK, den Johanniter, dem ASB usw. nehmen.
Was motiviert heute jemanden, zu einer solchen"Blaulichtorganisation" zu gehen? Zum einen ist es mit Sicherheit das damit verbundene Sozialprestige. Klar, einer solchen Tätigkeit wird oftmals Respekt entgegen gebracht. Zum anderen profitieren die ehrenamtlichen Helfer durch die Vielzahl der Ausbildungen in vielen Fällen für den eigentlichen Beruf. Seien es die einfachen Sanitätslehrgänge bis hin zu den Lehrgängen fürFührungskräfte.
Es wird immer wieder angeführt, dass eine ehrenamtliche Betätigung hinderlich bei der Jobsuche sei, wenn nicht sogar den Arbeitsplatz gefährden. Mir persönlich ist in Baden-Württemberg kein Fall bekannt, in dem tatsächlich jemand seinen Arbeitsplatz wegen einer ehrenamtlichen Betätigung verloren hat. Auch legen immer mehr Arbeitgeber großen Wert auf die sogenannten social skills, für gehobene Positionen gehört ein "Ehrenamt" einfach zum guten Ton. Vom gesellschaftlichen Nutzen muss wohl niemand überzeugt werden, das Gesundheitswesen, der Katastrophenschutz und viele andere Dinge wären ohne ehrenamtliche Arbeit schlicht und ergreifend nicht finanzierbar.
Ich möchte mit den Worten von Dipl. Sozialpädagoge Wolfgang Schuch abschließen:
Die Wurzeln des bürgerschaftlichen Engagements
In den Stadtgesellschaften der Antike Griechenlands, Wiege unserer Demokratie, war es Sache jeden (männlichen!) Bürgers sich für das Gemeinwesen zu interessieren, in der Versammlungen über die Belange der Stadt (=Polis – Politik) zu diskutieren und sich für das Wohl des Gemeinwesens zu engagieren. Für diese Dinge hatten die Bürger auch reichlich Zeit, denn für die Arbeit waren Sklaven zuständig – und die Frauen... Wer diesen Versammlungen fern blieb und sich den Angelegenheiten des Gemeinwesens verweigerte war ein "Idiot" (=Privatmensch).
Und was tust Du?
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