Dienstag, 31. Juli 2018

Katastrophenschutz - wo drückt der Schuh?


Mit der Umfrage zur „Motivation und Eigenschaften aktiver Ehrenamtlicher des Katastrophen- und Bevölkerungsschutzes“ haben Christiane Stephan, Jan Bäumer, Celia Norf und Prof. Dr. Alexander Fekete vom Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr der TH Köln verschiedene Fragestellungen beleuchtet. So finden sich im Ergebnisbericht detaillierte demographische Strukturen, die Grundlage der Motivation und vieles mehr. Der gesamte Bericht ist hier nachzulesen.

Auch wurde während der Befragung ein Augenmerk auf etwaige Verbesserungsbedarfe in den Organisationen gelegt. Es mag nun wenig überraschen, dass 83% der Befragten auf die Frage, ob es in ihren Organisationen besser laufen könnte, mit „ja“ antworteten und auf den ersten beiden Plätzen mit zwölf und zehn Prozent die Öffentlichkeitsarbeit und Helfergewinnung der Organisationen sowie die Anerkennung und Wertschätzung der Bevölkerung genannt werden.



Direkt auf Platz drei kommt der Wunsch nach materiellen und finanziellen Investitionen. Das überrascht nun auch nicht wirklich, erfahren doch Schlagworte und Aktionen wie #BerlinBrennt Sympathiebekundungen quer durch alle am Bevölkerungs- und Katastrophenschutz beteiligten Organisationen.

Nach wie vor fehlt bei den politischen und administrativen Entscheidungsträgern der Wille zu notwendigen Investitionen. Wir erfahren das im eigenen Bereich immer wieder, so formulierte ich im vergangenen Jahr in einem Fachartikel bereits:
„Während einzelne Behörden, Feuerwehren und Hilfsorganisationen sich bereits punktuell oder auch in der Fläche Softwaresysteme zur Einsatzführungsunterstützung beschafft haben und mit Erfolg einsetzen, scheitert es in anderen Bereichen entweder am Widerstand örtlicher Traditionswächter oder an unklaren Zuständig- und Verantwortlichkeiten. So werden von einzelnen Bundesländern die Beschaffung von Einsatzleitwagen für den Katastrophenschutz explizit ohne Führungssoftware ausgeschrieben – obwohl entsprechend leistungsstarke EDV-Ausstattung verlastet ist und in den Einsatz gebracht wird. Die Verantwortung für die Beschaffung der Software, der entsprechenden Schulung der Mitarbeitenden und somit der gesamte finanzielle Aufwand wird an den Landkreis oder an die fahrzeugbetreibende Hilfsorganisation weitergegeben.“

Auch die Basis ist sich dieser Problematiken bewusst, wie man anhand der Umfrage sehen kann. Der Katastrophen- und Bevölkerungsschutz darf nicht kaputt gespart werden – bei fehlenden Investitionen werden ehrenamtlich Tätige über kurz oder lang ihr Engagement zurückfahren und schlussendlich irgendwann niederlegen.





Da bleibt dann nur noch die alte Weisheit: Sowas kommt von sowas...

Samstag, 21. April 2018

Neulich beim Zoll

Gestern musste ich beim Zoll vorreiten. Kann passieren, wenn man direkt beim Hersteller in Asien bestellt - in diesem Fall ging es um ein Paar Schuhe (unter der Zollgrenze). Ich trat an den Schalter und als die Beamtin 15 Minuten vor Feierabend an einem Freitagnachmittag auf dem Papierkram „China“ las, erntete ich unter hochgezogenen Augenbrauen ein missbilligendes: 

„Ist das Ihr Ernst?“

Ich: „Ja, durchaus. Ich würde gerne das Päckchen holen.“

Sie: „Sie wissen aber schon, dass die da drüben in China mit giftigen Stoffen arbeiten?“

Ich: „Ja, das kann schon sein, aber ich bestelle häufig direkt bei den Herstellern. Die gleichen Modelle findet man sicher auch hier im Laden, ich umgehe die Marge der großen Schuhketten. Ich wollte mir die Schuhe einmal ansehen, sie sahen auf der Webseite ähnlich aus wie die Salomon, die ich sonst kaufe und ich kann mir vorstellen, dass die im gleichen Werk produziert werden.“

Sie: „Aha, Produktpiraterie!“

Ich: „Nein, ähnlich sagte ich, nicht gleich. Die Sohlen haben das gleiche Profil. Und es steht nicht Salomon darauf.“

Sie: „Aber da wird unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert, sonst könnten sie ja nicht so billig sein!“

Ich: „Vermutlich stammt Ihre Bluse auch aus Fernost und hat einen Material- und Produktionswert von unter einem Euro...“

Sie: „Aber das kann sehr gefährlich sein. Wissen Sie, dass man von chinesischen Produkten unfruchtbar werden kann?“

Ich (allmählich leicht genervt): „Danke, dass Sie sich um mich Sorgen, aber meine Familienplanung ist abgeschlossen.“

Sie: „Und die Ihrer Kinder? Das ist unverantwortlich! Sie müssen ja selber wissen, was sie tun. Wissen Sie, wir machen hier ja nicht nur Zoll sondern auch Produktsicherheitsberatung!“

Ich: „Ach?“

Sie, den ironischen Unterton überhörend kommt so richtig in Fahrt: „Ja! Neulich hatten wir in chinesischem Billigschmuck radiokative Abfälle. RADIO AKTIV! Und gestern sind in einem anderen Zollamt zwei Geräte mit Akkus explodiert! EX PLO DIERT! Und mir ist ein Fall bekannt, wo die Feuerwehr nach einem Hausbrand herausfand, dass eine LED-Lampe für den Brand verantwortlich war. Eine CHINESISCHE LED-Lampe! Und glauben Sie, dass die Versicherung was bezahlt hat? Nix hat die bezahlt!“

Ich: „Wollen wir dann mal schauen, ob in meinen Schuhen Akkus oder LEDs sind?“

Sie: „Sie nehmen mich nicht sonderlich ernst, oder?“

Ich: „Merkt man‘s?“

Sie: „Ich muss doch schon sehr bitten!“

Ich: „Ich auch. Ihre Botschaft ist angekommen. Ich hätte jetzt gerne mein Paket.“

Sie: „Ich wollte es ja nur gesagt haben... Aber bitte, kaufen Sie niemals, wirklich niemals Spielzeug für Ihre Kinder in China. Das ist alles giftig!“

Ich verkniff mir jetzt dann jede weitere Antwort. 

Nach der Wareninspektion und dem Papierkram zog ich von dannen. Es lag unter der Zollgrenze. Ich habe nichts bezahlt - aber eine Beamtin war sicher ingesamt eine halbe Stunde mit diesem Vorgang beschäftigt. Steuerfinanziert, versteht sich. Da frage ich mich dann doch, ob wir nicht falsche Prioritäten setzen...

Zum Thema fällt mir ansonsten nur noch Erich Kästner ein:

Wird's besser? Wird's schlimmer?
fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich:
Leben ist immer lebensgefährlich!

Freitag, 13. April 2018

#KeepYourFilterbubbleClean

Eine seit kurzem hier am Ort ansässige Ärztin hat sich neulich in ihrem privaten Facebookprofil über eine Online-Bewertung eines türkischen Privatversicherten echauffiert. Er beschwerte sich über lange Wartezeiten. Unflätig, keine Frage, unterm Strich aber ein oft vorgefundenes Verhalten in Bewertungsportalen - insbesondere von Privatpatienten, aber es ging Frau Dr. mehr um die Tatsache, dass es ein Türke war denn um die schlechte Bewertung als solche. Insbesondere die Kommentare ihrer Facebookbubble sprachen Bände - auch hier ging es weniger um eine Zweiklassenmedizin oder um die oftmals bei Privatpatienten vorhandene Anspruchshaltung, es ging vorrangig darum, dass ein Türke hier solche unverschämten Forderungen stellt. Geschenkt - derartige Entgleisungen ist man auf diesem Profil gewohnt.

Nachdem unter einem weiteren geteilten Artikel, indem es um Übergriffe auf Pflegepersonal durch Flüchtlinge ging, die Kommentarspalte mit Pauschalisierungen wie Dreckspack, sollte man sterben lassen und ähnlichem AfD‘esken Stammtischinhalt eskalierte, merkte ich an, dass sich hier ja eine illustre Kommentargesellschaft zusammengefunden habe.

Nun, das war mein letzter Kommentar bei Frau Dr. Vorhin wollte ich sie auf eine Gesprächsrunde zur hausärztlichen Versorgung auf dem Land und der schwierigen Nachfolgesuche aufmerksam machen - siehe da, wir sind nicht mehr „befreundet“. Ein Zustand, der mir jetzt nicht zwingend schlaflose Nächte bereiten wird.

Aber einen Kommentar ist es mir dennoch wert, schlussendlich zeigt es doch die in Facebook-Profilen oder auch in Facebookgruppen oftmals vorherrschende mangelhafte Konflikt- und Diskussionskultur, wenn man sich die eigene Umwelt doch so zurechtschnitzen kann, dass sie den eigenen Vorstellungen entspricht. Diskussionen werden im Keim erstickt, abweichende Meinungen oder unbequeme Kommentatoren werden gelöscht, blockiert usw. Kein Wunder fühlen sich so viele in ihrer Meinung bestätigt, lassen sie doch nur Bestätigungen der eigenen Meinung zu.

Natürlich ist das als Inhaber des „virtuellen Hausrechts“ ihr gutes Recht, das ich bei justitiablen Kommentaren ebenso ausübe - aber ist das unterhalb dieser Schwelle wirklich klug? Umgebe ich mich nur mit Menschen, die ausschließlich über negative Erfahrungen mit „Radfahrern“ (ersetze Radfahrer durch eine beliebige andere Gruppe) berichten, für die Radfahrer das größte Übel sind und Politiker grundsätzlich „Volksfahrräder“ sind, dann werden meine diffusen Ängste sicher nicht weniger und ich fühle mich zunehmend bedroht. Umgekehrt gilt das natürlich ebenso - umgebe ich mich nur mit Fahrradbefürwortern, male ich mir eine rosarote Fahrradwelt, die nur bedingt etwas mit der Realität zu tun hat.

Man muss auch abweichende Fahrradmeinungen aushalten, finde ich. Man muss sich ein Gesamtbild erarbeiten, sich reflektiert und differenziert mit Fahrrädern auseinandersetzen und das ganze so objektiv wie möglich bewerten.

#BewareOfTheFilterbubble

Montag, 22. Januar 2018

Impfpflicht? Ja bitte!

Liebe Impfgegner,
Absolventen der Schule des Lebens und der YouTube-University,
liebe Esoterikblogger,
liebe Homöopathen und Anhänger der altgermanischen Heilkünste,
liebe „Alternativmediziner“,

der Art. 5 GG garantiert euch natürlich, dass ihr eure Meinung haben und selbstverständlich auch äußern dürft. Allerdings garantiert euch dieses Recht auf freie Meinungsäußerung nicht, dass man euch ernst nehmen muss. Und da freie Meinungsäußerung keine Einbahnstraße ist, darf man sogar von euren „Meinungen“ abweichende Ansichten vertreten. 

Meinungen begegnet man mit Fakten, die nachfolgende Zusammenstellung eines unbekannten Autoren habe ich um ein paar weitere Fakten ergänzt. Auch wenn ich keine Hoffnung habe, eingefleischte Impfgegner zu überzeugen, erreiche ich vielleicht den einen oder anderen, der durch die perfide „Argumentation“ von Impfverweigerern verunsichert wurde.  

- Wakefield hat nachweislich betrogen. Es ging ihm lediglich darum, einen eigenen Masern-Impfstoff zu verkaufen. Außerdem bekam er Geld von Anwälten, die mit den gefälschten Ergebnissen vor Gericht auftrumpfen wollten (https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/44182/BMJ-Autismusstudie-war-eine-Faelschung)
- Nein, Kinderkrankheiten sind NICHT positiv für die Entwicklung eines Kindes und sind nicht gut fürs Immunsystem. Masernviren können sogar bereits erworbene Immunitäten "löschen", da sie das Immunsystem direkt angreifen. Der Patient ist dadurch auf Jahre hinweg anfälliger für Krankheiten. Das ist auch der Hauptgrund für Maserntote: Der Körper ist anfällig für alles, was er sonst leicht abwehren könnte (http://science.sciencemag.org/content/348/6235/694)
- Ungeimpfte sind NICHT gesünder als Geimpfte. Wenn es um Krankheiten außerhalb des Impfplans geht, gibt es bei beiden Gruppen keinen Unterschied (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3057555/)
- Impfungen ersetzen das Immunsystem nicht. Sie zeigen ihm lediglich einen "Steckbrief" vom Übeltäter. Daher sind sie alles andere als unnatürlich.
- Geimpft wird in den Muskel, nicht in die Blutbahn. 
- Quecksilber (bzw. Thiomersal) ist hierzulande seit Jahrzehnten in keiner Impfung mehr enthalten. 
- reines Aluminium ist ebenso in keiner Impfung enthalten (und ja, das macht einen großen Unterschied). 
- Autismus, MS und Masturbation (ja, manche Wirrköpfe glauben, dass sich einen von der Palme wedeln von Impfungen kommt...) kommen nicht vom Impfen. Das wurde nun schon etliche Male widerlegt (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25562790, http://www.cochrane.org/CD004407/ARI_using-combined-vaccine-protection-children-against-measles-mumps-and-rubella)
- Die Blut-Hirn-Schranke (eigentlich ein ganzes Netzwerk von Schranken und Barrieren) ist bereits bei der Geburt ausgebildet. Neugeborene haben sogar zusätzliche Schutzmechanismen. Irgendwelche Impfstoffe KÖNNEN also nicht einfach ins Gehirn gelangen und Schaden anrichten. Aber was interessieren schon Fakten?
- Impfstoffe sind schlecht löslich, bleiben also im Muskel und verteilen sich nicht im Körper. Sie werden nach und nach einfach abgebaut und ausgeschieden. 
- Plötzlicher Kindstot kommt nicht vom Impfen. Die Rate ist bei geimpften Säuglingen sogar niedriger, es schützt also sogar davor. (http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0264410X06008978, https://bmcpediatr.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12887-015-0318-7)

Auf völlig schwachsinnige Thesen wie Bevölkerungsreduzierung und Gedankenkontrolle gehe ich mal nicht ein. Dazu ist mir meine Zeit dann doch zu schade. 

An die "Ich hatte früher auch KrankheitXY und lebe noch!"-Schreier:
- Tote können euch nicht widersprechen!
- Einzelerfahrungen sind wertlos wenn man Rückschlüsse auf ganze Populationen ziehen will. 
- Auch wenn man nicht an einer Krankheit stirbt, ist Krank-Sein eine maximal bescheidene Erfahrung. Da mindert auch der Schulausfall das Leid nicht. 
- Viele Krankheiten verursachen bleibende Folgeschäden. Es geht nicht immer nur um den Tod. 

Impfgegner-Sein ist der Gipfel der Ignoranz und Selbstüberschätzung. Und Scharlatane im Internet profitieren auch noch davon, indem sie ihren alternativen Müll an Leichtgläubige verticken, sich für Vorlesungen bezahlen lassen, oder einfach Einnahmen durch Klicks auf Facebook oder über Werbung generieren.

Es ist manchmal sogar ziemlich lustig zuzusehen, wie einfach man Impfgegner belügen kann. Man braucht sich nur mal die vielen Artikel im Netz anzusehen. Quellen sind fast nie vorhanden, und wenn doch, dann verlinken sie nur auf andere Impfgegnerseiten, die wiederum selbst keine Quellen angeben. Wird dann doch mal eine Studie zitiert, dann kann sich der Autor darauf verlassen, dass die ohnehin keiner überprüft, auch weil die alle auf Englisch sind. Schaut man die sich dann näher an, haben sie oft nicht mal etwas mit dem Thema zu tun. Eigentlich auch recht traurig, dass man Leute so einfach hinters Licht führen kann, und die deshalb dann Kind und Kegel gefährden. Wird Zeit, dass der Gesetzgeber eingreift. Impfpflicht wäre schön. Ist ja schon im Infektionsschutzgesetz geregelt, muss nur umgesetzt werden.

Das Thema treibt mich ja schon länger um. Wer noch nicht genug gelesen hat, findet hier meine persönliche Motivation: http://kreuzritters.blogspot.de/2015/01/imfgegner-auf-dem-vormarsch.html