Sonntag, 15. August 2021

Afghanische Tragödie

Als Einsatzveteran der Bundeswehr, wenn auch nicht in Afghanistan sondern in Bosnien und dem Kosovo, kann ich den nachfolgenden Passagen aus einem Kommentar von Ulrich Ammon nur zustimmen. 

https://drive.google.com/uc?export=view&id=1-W-kJ_X8uApMUD9efTo-VepKzr1ZDL77

»Afghanische Tragödie.
Beschämend für Deutschland

In diesen Stunden, in denen die Taliban-Milizen Marsar-i-Sharif (460.000 Ew) eingenommen haben und weiter schnell vorstoßen, offenbart sich die ganze sicherheitspolitische Inkompetenz und Feigheit unserer Regierung und der Parlamentsmehrheit. Als ich gerade erfuhr, dass Marsar-i-Sharif in die Hände der Taliban gefallen ist, schossen mir die 59 toten Bundeswehrkameraden, viele hundert körperlich und seelisch Geschädigte, aber auch die tausende, bald Millionen von hilflosen Afghanen, vor allem Frauen durch Kopf. Und von den ehemaligen Bundeswehrhelfer:innen sind auch noch bei weitem nicht alle in Sicherheit. Menschlichkeit, Mut, rechtzeitige Planung einer Exit-Strategie - Fehlanzeige!
(…) Die Pfarrerstochter aus Meck-Pom und der SPD-"Friedensforscher"-Fraktionsvorsitzende Mützenich machen (Un-)Sicherheitspolitik, obwohl sie das beide offensichtlich nicht können. Und Ministerinnen ohne Vorkenntnisse sind für die Bundeswehr zuständig, wobei die jetzige ja noch sehr bemüht ist. Der Innenminister Seehofer blockierte vor Wochen eine unbürokratische schnelle Aufnahme von afghanischen Helfer:innen. Menschlichkeit war offenbar keine Leitgröße. Und nun kommt es  wahrscheinlich zu dem notwendigen, aber  irrwitzigen Einsatz, mit Militär kurfristig nach Afghanistan zurück zu müssen, um Menschen rauszuholen, die man ohne zusätzliches Risiko vor ein paar Wochen hätte mitnehmen können und müssen. Und was jetzt aus Millionen Afghanen wird, allen Gebildeten, allen Frauen und Mädchen, mußte man da jetzt Hals über Kopf ohne Exit-Konzept abziehen, weil wir als Zivilgesellschaft zu feige und für eine angemessene Ausstattung der Bundeswehr zu geizig sind? Europa hätte mit gutem Willen mehr leisten können und müssen. Es ist eine Schande, was wir uns da leisten. (…) Ich drücke allen, die für die Evakuierungsaktion nochmal hinmüssen, und allen afghanischen Helfer:innen die Daumen, dass sie alle heil hier ankommen. Sie sollen uns alle willkommen sein.«

Ergänzend: Es sind sicher weit mehr als nur hunderte Versehrte, die Anzahl derer mit PTBS bei den weit über 400.000 Einsatzveteraninnen und -veteranen über alle Auslandseinsätze der Bundeswehr dürfte - auch wenn es nach wie vor keine Statistik gibt - deutlich höher sein. Einer der Gründe, warum ich den Bund Deutscher EinsatzVeteranen e.V. unterstütze. 

Bei den Kameradinnen und Kameraden, die an ISAF teilgenommen haben, stellt sich nun erst recht die Sinnfrage. Auch wenn man philosophisch argumentieren mag, dass wenigstens die letzten 20 Jahre Jungen und Mädchen in relativem Frieden aufwuchsen, Bildung erhielten, Infrastrukturprojekte durch uns verwirklicht wurden: Die Tatsache, dass die Talibs das Land ohne nennenswerte Gegenwehr zurückerobern konnten, hinterlässt die Frage, warum man Milliarden von Devisen ins Land, in die Ausbildung der regulären Truppen und in Ausrüstung, die nun dem Steinzeitislamismus in die Hände fällt, gesteckt hat. Wie habe ich vorhin so treffend gelesen? Das Experiment der Verteidigung unserer Demokratie am Hindukusch ist mit dem Abzug der internationalen Truppen grandios gescheitert. Meiner Ansicht nach war der Einsatz bzw. die Einsätze richtig, der konzeptionslose Abzug war es nicht und stellt alles in Frage. 

Ein Trauerspiel. 
Eine Schande.