In schlimmen Zeiten leben wir. Wenn man Ken Jebsen glauben schenken mag, leben wir in einem Zeitalter der Entdemokratisierung, wir werden manipuliert. In diesem Youtube-Video polemisiert Jebsen in seiner unnachahmlichen Art und Weise über die derzeitige Ukraine-Krise. Gleich zu Beginn schenkt er uns reinen Wein ein, denn "die Wahrheit steht auf jeden Fall nicht in unseren Medien", weiß er zu berichten. Es gehe natürlich um Gas- und Schürfrechte, um die russische und amerikanische Firmen konkurrieren. Daher brauchen wir ein neues Feindbild. Wörtlich: "In den letzten Jahren war der Russe für uns kein großes Thema. Da war der Aggressor der Moslem. Auch dort ging es natürlich um Öl und Gas. Und jetzt haben wir die Moslems so ein bisschen im Griff und jetzt ist vorübergehend Putin an der Reihe."
Jebsen mimt den intellektuellen Aussteiger aus der Mainstreampresse, den Bewahrer der Wahrheit und ruft zum "nachdenKEN" auf. Das Wortspiel mit seinem Vornamen entlarvt den Selbstdarsteller, der es auf perfide Art und Weise schafft, Anhänger zu gewinnen. Geschickt verknüpft er krude Thesen mit Halbwahrheiten und Fakten, sodass schlussendlich ein Brei herauskommt, der einem durchaus plausibel erscheinen kann. Beispiele? Wahr ist, dass die Proteste in der Ukraine mit der Ablehnung des Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union begannen. Ohne Quellen zu benennen führt Jebsen aus, dass die EU der Ukraine 600 Millionen Dollar bieten würde, die Russische Föderation habe 25 Milliarden Doller. "Und dann hat sich das die Ukraine noch einmal überlegt", so Jebsen. So plausibel das im ersten Moment klingen mag, so wenig hält diese nette, kleine Verschwörungstheorie einer näheren Betrachtung stand. Zum einen ging es um keine Vollmitgliedschaft in der EU, zum anderen macht die Europäische Union sicher keine "Übernahmeangebote" für einzelne Staaten. Die Ukraine hätte einen ähnlich langen Weg wie die Türkei vor sich, bevor man ernsthaft über eine Vollmitgliedschaft nachdenken könnte.
Von Tatsachen will Jebsen sich offensichtlich nicht beeindrucken lassen. Er ist davon überzeugt, dass wir in Europa längst in einer Diktatur angekommen sind. Er als ehemaliger Radiomoderator weiß schließlich zu berichten, dass die deutschen Medien von Washington aus gelenkt werden und vergleicht seelenruhig die deutsche Medienlandschaft mit der gleichgeschalteten Nazipresse und behauptet munter, dass die Axel Springer AG von der CIA mitbegründet wurde. Quellen oder gar Beweise für diese "Fakten" bringt er natürlich nicht.
Jebsen selbst ist bei den sog. Montagsdemonstrationen ein gefeierter Redner, der sich selbst aber nicht als "Führer" der Bewegung verstanden wissen will, wie er an anderer Stelle mehrfach betonte. Ja was zum Geier denn dann? Sobald man diesem Mann ein Mikrofon unter die Nase hält, rüttelt er in orgiastischer Manier an den Grundfesten dessen, was wir als Wahrheit betrachten. Er ist ein hervorragender Rhetoriker, seine Wut trägt er extrovertiert nach außen und unterstreicht damit seine Botschaften. Von den gegelten Haaren bis zu den leicht abgetragenen Schuhen - er wirkt authentisch. Er ist ein Bürger wie Du und ich, aber einer, der intelligenter ist. Es muss stimmen, was er sagt, denn schließlich begegnen wir alle dem Staat ja mit einem gesunden Misstrauen.
BULLSHIT! Jebsen ist ein Brandstifter, der auf komplexe Probleme vermeintlich komplexe - aber unterm Strich doch viel zu einfache Antworten liefert. Er stillt unsere Sehnsucht nach Antworten, nach einem "Bösen", nach einem Schuldigen: Ganz klar - die USA sind schuld. Das Kapital ist schuld. Wir werden von Konzernen regiert. Von dort bis zu den auf den Montagsdemos vorherrschenden antisemitischen Parolen, dass wir von einer Geldaristokratie beherrscht werden, die zum Großteil jüdische Namen trägt, ist es nicht mehr sehr weit.
Es ist in Ordnung, die Presse zu hinterfragen. Es ist in Ordnung - nein, geradezu eine Bürgerpflicht - die Regierung kritisch zu hinterfragen. Von den Anhängern Jebsens wünsche ich mir nur eines: Hinterfragt dieses HB-Männchen ebenso gründlich und stellt seine Thesen auf den Prüfstand. Ich bin der festen Überzeugung: Dieser Mann hat nicht Recht.