Sonntag, 25. September 2011

Von Päpsten, Demokratie und Teekannen

Nun ist er also vorbei, der Papstbesuch. Was hat er uns gebracht? Eine Annäherung der Religionen? Eine Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften? Eine offizielle Entschuldigung bei den Opfern von Mißbrauchsfällen? Mitnichten.

Vielmehr spalten Papst und die katholische Kirche die Nation in einem größeren Ausmaß, als es ohnehin schon der Fall gewesen war. Sicherlich ist der Aufruf, die Kirche möge sich "entweltlichen", Staat und Kirche seien klarer zu trennen, prinzipiell als begrüßenswert zu betrachten. Die Ansprache vor dem Bundestag führt dieses Lippenbekenntnis jedoch ad absurdum. Selbstverständlich sei der Papst auch als Staatsoberhaupt zu betrachten, heißt es von Seiten der Befürworter dieser Ansprache. Auch wenn man den Umstand, dass der Vatikan ein Staat mit gerade einmal 600 Einwohnern mit dem Argument, dass er als "führendes Organ" von über 1,1 Milliarden Gläubigen gilt, beiseite wischen mag, so hätte dennoch genügend gegen die Profilierung des Papstes vor dem Bundestag gesprochen. Denn selbstverständlich kam der Papst eben nicht als Staatsmann, er kam als Kirchenoberhaupt, als religiöser Führer einer Weltkirche ohne einen Funken einer demokratischen Legitimation.

Warum er nun also ausgerechnet mit dem staatsmännischen Anstrich in einem Haus der politischen Debatte, des Für und Wider, der Aktion und Reaktion sprechen durfte, erschließt sich mir nicht. Widerspruch war nicht vorgesehen, die Abgeordneten hatten höflich zuzuhören und zu applaudieren. Hätte er sich der Diskussion gestellt, hätte er Stellung zur Verschleierungspolitik bei Mißbrauchsfällen an Schutzbefohlenen, zur Verhütungsfrage, zu den überalterten zölibatären Regularien genommen, hätte er erkennen lassen, dass ihm an einer Annäherung der Weltkirchen gelegen ist, hätte er von Gleichberechtigung von Mann und Frau innerhalb der Kirche gesprochen und Reformen angekündigt - dann wären die kritischen Stimmen verstummt. So aber fällt mir wieder nur das Gleichnis von Russels Teekanne ein:




„Wenn ich behaupten würde, dass es zwischen Erde und Mars eine Teekanne aus Porzellan gäbe, welche auf einer elliptischen Bahn um die Sonne kreise, so könnte niemand meine Behauptung widerlegen, vorausgesetzt, ich würde vorsichtshalber hinzufügen, dass diese Kanne zu klein sei, um selbst von unseren leistungsfähigsten Teleskopen entdeckt werden zu können. Aber wenn ich nun weiterhin auf dem Standpunkt beharrte, meine unwiderlegbare Behauptung zu bezweifeln sei eine unerträgliche Anmaßung menschlicher Vernunft, dann könnte man zu Recht meinen, ich würde Unsinn erzählen. Wenn jedoch in antiken Büchern die Existenz einer solchen Teekanne bekräftigt würde, dies jeden Sonntag als heilige Wahrheit gelehrt und in die Köpfe der Kinder in der Schule eingeimpft würde, dann würde das Anzweifeln ihrer Existenz zu einem Zeichen von Exzentrizität werden. Es würde dem Zweifler, in einem aufgeklärten Zeitalter, die Aufmerksamkeit eines Psychiaters oder, in einem früheren Zeitalter, die Aufmerksamkeit eines Inquisitors einbringen.“


Richard Dawkins ergänzt hierzu:


„Der Grund, wieso organisierte Religion offene Feindschaft verdient, ist, dass Religion, anders als der Glaube an Russells Teekanne, mächtig, einflussreich und steuerbefreit ist und systematisch an Kinder weitergegeben wird, die zu jung sind, sich dagegen zu wehren. Kinder sind nicht gezwungen, ihre prägenden Jahre damit zu verbringen, verrückte Bücher über Teekannen auswendig zu lernen. Staatlich subventionierte Schulen schließen keine Kinder vom Unterricht aus, deren Eltern das falsche Aussehen der Teekanne bevorzugen. Teekannen-Gläubige steinigen keine Teekannen-Ungläubigen, Teekannen-Renegaten, Teekannen-Ketzer und Teekannen-Lästerer zu Tode. Mütter warnen ihre Söhne nicht davor, Teekannen-Schicksen zu heiraten, deren Eltern an drei Teekannen statt an eine glauben. Leute, die ihre Milch zuerst einschenken, schießen nicht jenen, die den Tee zuerst einschenken, die Kniescheiben weg.“