Dienstag, 11. Februar 2025

Krisenkommunikation

Warum Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) einen redundanten digitalen Kommunikationskanal jenseits von Internet und Mobilfunk brauchen


Unsere Welt hängt zunehmend von digitalen Infrastrukturen ab, auch in der Gefahrenabwehr. Die Hardliner, die nach wie vor den Vierfachvordruck, Flipchart und Pen&Paper für die Führungsmittel schlechthin halten, werden im Laufe der Zeit immer weniger. Vielfach wird im Bereich der Führungsprozesse außerhalb der Leitstellen in den verschiedenen Führungsstufen, angefangen im Einsatzleitwagen bis hin zu Stäben auf Kreis-, Bezirks-, Landes- und Bundesebene auf Digitalisierung gesetzt.

Doch was passiert, wenn das Internet ausfällt oder Mobilfunknetze in Krisensituationen überlastet sind? Seit langem präge ich den Ausspruch: 

Es ist heute keine Frage der technischen Möglichkeiten, ein resilientes, ausfallsicheres System zu betreiben - es ist nur noch eine Frage des Wollens in die Investition.

Herausforderungen in Krisensituationen


Naturkatastrophen, Cyberangriffe oder große Schadenslagen können bestehende Kommunikationsnetze schnell an ihre Grenzen bringen. Gerade in Ausnahmesituationen zeigt sich, dass:

👉Mobilfunknetze überlastet oder gestört sind,
👉Internetverbindungen unterbrochen werden können,
👉lokale Infrastrukturen zerstört werden.

In solchen Fällen brauchen BOS eine unabhängige, sichere und resiliente Kommunikationslösung, um ihre Einsatzfähigkeit aufrechtzuerhalten.

Satellitenkommunikation als strategische Lösung


Eine bewährte Möglichkeit zur Gewährleistung von Kommunikation jenseits konventioneller Netze ist die Satellitenkommunikation. Sie bietet:

🛰️ Unabhängigkeit von terrestrischer Infrastruktur,
🛰️ hohe Ausfallsicherheit, selbst bei großflächigen Ausfällen,
🛰️ globale Verfügbarkeit, insbesondere in ländlichen oder schwer zugänglichen Gebieten,
🛰️ schnelle Einsatzbereitschaft durch mobile und stationäre Lösungen.

Ob bei Koordination von Einsatzkräften in Katastrophengebieten oder zur Sicherstellung von Kommunikationsketten während Cyberangriffen – Satellitenkommunikation ist eine wertvolle Ergänzung zur bestehenden Infrastruktur.

Der Aufbau eines redundanten Kommunikationskanals erfordert eine strategische Integration in bestehende Einsatzkonzepte. BOS sollten daher:

1. Bedarf und Szenarien definieren: Welche Ausfallszenarien sind relevant?
2. Technische Lösungen prüfen: Welche Systeme passen zu den Anforderungen?
3. Schulung/Training sicherstellen: Regelmäßige Übungen sind wichtig.
4. Einsatztests durchführen: Reale Tests sichern den reibungslosen Betrieb.

Mir wurde neulich gesagt, dass sich das kein Landkreis leisten kann. Wir haben Kunden, die das Gegenteil beweisen, die jeden ELW mit Starlink ausgestattet haben. Auch der hier verlinkte Artikel des Kuhn Fachverlag GmbH & Co. KG zeigt, dass es immer mehr Landkreise gibt, die diesen Bedarf erkannt haben.

Starlink und Behörden

Zum Thema Starlink lohnt eine kritische Betrachtung:

Das RedaktionsNetzwerk Deutschland widmet sich in einem lesenswerten Beitrag ausführlich Elon Musks Starlink: Link

Kritik an Starlink für Behörden


Abhängigkeit von SpaceX – Als US-Unternehmen unterliegt Starlink politischen Entscheidungen. Zugang könnte eingeschränkt werden.
Geopolitische Risiken – SpaceX hat bereits in Konflikten Zugänge angepasst. Behörden könnten unvorhersehbaren Einschränkungen unterliegen.
Fehlende Kontrolle – Klassische Netze wie BOS-Funk unterliegen staatlicher Regulierung, Starlink nicht.
Cybersecurity – Manipulation und Angriffe auf die Infrastruktur sind denkbar.
Wirtschaftliche Unsicherheit – Änderungen in der Geschäftsstrategie könnten den langfristigen Betrieb gefährden.

Manuel 'HonkHase' Atug (AG Kritis) bringt es im Artikel des RND auf den Punkt: Musk habe im Ukraine-Krieg gezeigt, dass er "skrupellos eigenen Interessen Vorrang gewährt. Eine per Zufall von Lust und Laune betriebene Kommunikation könne nicht für das Wohl und die Sicherheit eines Landes dienen."

Fazit: Redundanz ja - aber mich Bedacht!


Meine grundsätzliche Meinung bleibt: Ein zusätzlicher, unabhängiger Kommunikationskanal jenseits Mobilfunk und klassischem Breitband-Internet ist für die Akteure in der Gefahrenabwehr absolut wichtig.
Starlink bietet eine schnelle und leistungsfähige Internetverbindung mit vergleichsweise geringer Latenz im Vergleich zu klassischen geostationären Satelliteninternet-Diensten durch seine niedrigen Orbithöhen, was es besonders für einsatzkritische Anwendungen attraktiv macht. Zudem ist es im Vergleich zu anderen Satelliteninternetlösungen verhältnismäßig kostengünstig und kann schnell und flexibel in abgelegenen Gebieten oder Krisensituationen eingesetzt werden. Doch einseitiges Vertrauen in Starlink schafft neue Abhängigkeiten und sollte nicht die einzige Rückfallebene darstellen.



Montag, 20. Januar 2025

Die Einsatzführung im Ahrtal 2021


Am Wochenende habe ich das Buch von Dominic Gißler, Sebastian Herbe und Ramian Fathi des S+K-Verlags gelesen, das auf zwei bisher nicht publizierten Gutachten basiert. Sehr lesenswert! Auf die konkreten Geschehnisse im Ahrtal möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen, hier wurde bereits sehr viel gesagt und natürlich auch publiziert.

Ich möchte aber auf Zitate aus dem Buch eingehen (S59 f.):

„Es scheint sich in der Fachwelt die Erkenntnis herauszubilden, dass ein zentralistisches, papiergebundenes Informationsmanagementsystem nicht die erforderliche Kapazität für das Informationsaufkommen in größeren und größten Einsätzen erbringen kann, (…) dass Medienbrüche zu Zeitverzügen und Schriftbilder und verkürzte Darstellungen immer wieder zu Missverständnissen führen können.
Der Gutachter rät (…), papiergebundene Informationsmanagementsysteme als Redundanz für den Ausfall von Elektrizität/Internet vorzuhalten und bei Verfügbarkeit derselben das Informations- und Kommunikationswesen IT-/IP-gebunden zu organisieren.“

Dem ist tatsächlich nicht sehr viel hinzuzufügen – im Klartext: Vierfachvordruck, handgeschriebene Meldungen und Co. sind ein anachronistischer Flaschenhals.

Gißler führt weiter aus:

„E-Mail-Programme können unter Erlass einiger weniger organisatorischer Regeln und wenig aufwendiger Vorlagen auf Basis etwa von Tabellenkalkulationssoftware alle erforderlichen Funktionalitäten erbringen.“

Hier wage ich den Punkt „gerichtsfeste, revisionssichere Dokumentation“ in den Raum zu werfen – das sehe ich bei der Verwendung von Office-Programmen als sehr schwierig bis unmöglich an.

„Je nach Einsatzführungssoftware kann diese die gleichen Funktionalitäten wie E-Mail-Programme mit organisatorischen Regeln erbringen. In solchen werden häufig auch Module für Lagedarstellungen angeboten. Diese Darstellungen sind allerdings oft auf geografische Karten beschränkt und haben einen überwiegend operativen Nutzen. (…) Strategische Tätigkeiten der Einsatzführung können kaum automatisiert werden, weswegen das Informationsmanagement gezielt auf die Genese strategisch relevanter Informationen ausgerichtet werden muss. Einsatzführungssoftware kann dies erfahrungsgemäß nicht erbringen.“

Ist das so? Georeferenzierte Lagedarstellung in Verbindung mit Live- und Prognosedaten, Übersichten (neudeutsch „Dashboards“) etc. können tatsächlich weitestgehend automatisiert erfolgen. Dass der strategische Planungsprozess der einzelnen Sachgebiete nicht vollumfänglich automatisiert werden kann: Geschenkt, das ist auch nicht der Anspruch eines digitalen Stabs- und Führungssystems. Es soll die Führung durch zur Verfügungstellung aller Informationen, durch Workflows, gerichtete Kommunikation usw. unterstützen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
(Siehe: https://lnkd.in/gvKZBaUu)

By the way: Office-Produkte können das auch nicht! 😉