Freitag, 9. November 2012

Führungsstile

ZWir alle kennen die klassischen Führungsstile nach Kurt Lewin. Autoritärer Führungsstil, demokratischer oder auch kooperativer Führungsstil und der Laissez-Faire-Führungsstil. Man ist sich im großen und ganzen einig, dass der kooperative Führungsstil Anwendung finden sollte, abgestuft im Rahmen eines situativen Führungsstilmodells. Kooperatives Führen bedeutet in meinen Augen vor allem, Mitarbeitende in Entscheidungsfindungsprozesse mit einzubinden und sich ungeachtet der tatsächlichen Entscheidungskompetenz, die klar in hierarchischen Strukturen der Natur der Sache folgend "oben" verankert ist, auf Augenhöhe zu begegnen.

Immer wieder wird man heutzutage jedoch Zeuge eines weiteren Führungsstils, die sogenannte Führung durch den SM-Management Style. Der geneigte Leser liegt vordergründig nicht einmal so falsch, wenn er SM zunächst einmal mit der Lehre Marquise de Sades in Zusammenhang bringt, so benötigt die Anwendung des SM-Management Styles eine gehörige Portion Sadismus auf der einen sowie eine nicht minder große Portion Masochismus auf der anderen Seite. Die korrekte Definition lautet allerdings „Führen durch Seitenhiebe und Mobbing“. Um diesen Führungsstil zur Perfektion reifen zu lassen, bedarf es einiger elementarer Grundregeln:

1. Sollte ein Ihnen unliebsamer Mitarbeiter für eine Tätigkeit Dank und Lob erfahren, verpassen Sie nicht die Gelegenheit, sofort auf angebliche Verfehlungen hinzuweisen. Beispiel: „Wir danken dem Mitarbeiter für die Protokollierung der Sitzung...“, an dieser Stelle ins Wort fallen: „Der soll erst mal andere Protokolle fertigstellen.“
2. Machen Sie dem Mitarbeiter klar, dass er lediglich zu Protokollzwecken anwesend ist, seine eigene Meinung zum Thema aber völlig irrelevant sei. Geben Sie keinesfalls Kompetenzen ab und delegieren Sie ausschließlich unliebsame Tätigkeiten.
3. Sprechen Sie von diesem Mitarbeiter stets in der 3. Person, als wenn er nicht anwesend wäre.
4. Verteilen Sie bei jeder passenden Gelegenheit Spitzen, die Eingeweihte sofort auf den Mitarbeiter beziehen.
5. Unterlassen Sie es grundsätzlich, Standardfloskeln wie Bitte und vor allem Danke zu benutzen, sämtliche Tätigkeiten sind ohnehin als Selbstverständlichkeit zu betrachten, schließlich bekommt der Mitarbeiter ja Geld dafür.
6. Selbst wenn Sie nachweislich über das Ziel hinausgeschossen sind, indem Sie den Mitarbeiter völlig ungerechtfertigt attackieren, ist eine Entschuldigung ein Zeichen von Schwäche. Tun Sie es nicht.
7. Attackieren Sie den Mitarbeiter für Sachverhalte, an denen er definitiv unschuldig ist. Wenn Sie auf diesen angeblich ungerechtfertigten Angriff hingewiesen werden, behaupten Sie einfach, sich dem allgemeinen Niveau angepasst zu haben.
8. Locken Sie den Mitarbeiter mit Aussagen wie „Das kann man jetzt glauben oder auch nicht“ aus der Reserve. Sollte er tatsächlich die Unverfrorenheit besitzen, Ihnen vorzuwerfen, ihn als Lügner bezeichnet zu haben, verwehren Sie sich dagegen vehement.
9. Drohen Sie subtil mit dem Hinweis, man sei schon ganz andere Personen, die unbequem wurden, losgeworden.
10. Ignorieren Sie geflissentlich die zur Unternehmenskultur gehörenden Führungsgrundsätze und das Leitbild. Das mag für andere gelten, ab einer gewissen hierarchischen Ebene müssen diese selbstverständlich nicht mehr zur Anwendung kommen.

Wenn Sie diese 10 goldene Regeln berücksichtigen, können Sie sich Ihres Erfolgs sicher sein. Ihr Mitarbeiter wird stets mit großer Freude zur Arbeit erscheinen. Er wird die von ihm abverlangte Leistung gerne erbringen, in seiner Freizeit gerne an Sitzungen oder auch Wochenendveranstaltungen teilnehmen. Kurz: Er wird Sie abgöttisch lieben und nie, wirklich niemals mit dem Gedanken spielen, sich um eine neue Anstellung zu bemühen.

An dieser Stelle endet der ironische Teil meiner kurzen Ausführungen zu Führungsstilen. Ich bin froh und dankbar, dass ich oben genanntes nicht alltäglich und vor allem nicht durch meine direkten Vorgesetzten erfahren muss. Nichtsdestotrotz erfahre ich im unmittelbaren Umfeld immer wieder, dass Sozialkompetenz für Führungskräfte im Sozial- und Gesundheitswesen oder für Wahlämter in Politik und Organisationen augenscheinlich keine zwingende Voraussetzung zu sein scheint.

Ich frage mich, wo die Gründe für ein derartiges Führungsverhalten liegen. Gibt es tatsächlich objektive Mängel an der Arbeit des Mitarbeitenden? Oder sind diese eher einer subjektiven Wahrnehmung, dem eigenen Selbstbild und unklarer Kompetenzverteilung geschuldet?

Wo auch immer die Ursachen liegen mögen, so muss sich meiner Ansicht nach jeder Vorgesetzte - ich nehme mich da keinesfalls aus - stets vergegenwärtigen, dass das Gegenüber ein Mensch mit eigenen Gefühlen, eigenen Wertvorstellungen und dem unveräußerlichen Recht auf Würde ist. Sich lediglich auf die Amtsautorität zu verlassen und Respekt als Einbahnstraße von unten nach oben zu betrachten, führt unweigerlich zu einer Arbeitskultur, die von Misstrauen und verminderter Produktivität geprägt ist. Potenziale bleiben ungenutzt, Kreativität und Eigeninitiative werden im Keim erstickt.

Führung bedeutet Macht und mit Macht geht Verantwortung einher. Verantwortung gegenüber dem Mitarbeiter, der eigenen Firma, dem Betrieb oder der Organisation und nicht zuletzt auch gegenüber sich selbst.

In diesem Sinne, lasst uns alle verantwortungsvoll Macht ausüben.

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