Mittwoch, 9. Dezember 2020

Digitalisierung im Bevölkerungsschutz


Ich nahm heute am Symposium für Zivil-Militärische Zusammenarbeit (ZMZ) des beta-Verlags (u.a. Fachmagazin Crisis Prevention, Wehrmedizin&Wehrpharmazie) teil - coronabedingt ein rein virtuelles Seminar, allerdings mit hochkarätigen Rednern aus Bundeswehr (u.a. Generalarzt Dr. Bruno Most, Oberstarzt PD Dr. Kai Kehe, Generalstabsarzt Dr. Hans-Ulrich Holtherm), DRK (Generalsekretär Christian Reuter, Dr. Johannes Richert, Frank Joerres) und einigen weiteren Rednern aus den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben.

Den Nagel auf den Kopf traf Giulio Gullotta, Abteilungsleiter Wissenschaft und Technik im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit dieser Fragestellung: "Zivilschutz 1.0" vs "Bedrohung 2020 ff.“ - Passt das Werkzeug zum Problem? Er spannte den Bogen über die heutigen asymmetrischen Bedrohungslagen bis hin zu Pandemien und Co. und stellte resümierend fest, dass wir durchaus noch Aufholbedarf in Organisation und Struktur haben.

Genau diese Fragestellung ist meiner Wahrnehmung nach auch in meiner Branche im Kontext polizeiliche/nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr, Bevölkerungs- und Katastrophenschutz, Brandschutz usw. nach wie vor präsent: Warum versuchen wir immer noch, den heutigen Herausforderungen einer schnelllebigen und globalisierten Welt mit Techniken und Führungsmitteln des kalten Krieges zu begegnen? Nach wir vor höre ich oft von altgedienten Führungskräften: "Papier und Kugelschreiber ist ausfallsicher, funktioniert immer!“ Das ist zweifellos richtig - dennoch schreibe ich heute meine Briefe am PC und nur im Ausnahmefall von Hand. Die Digitalisierung im Bevölkerungsschutz, der "Katastrophenschutz 4.0" scheitert vielerorts weniger an den technischen Möglichkeiten, wobei ich natürlich nicht verhehlen will, dass die Regierung hier in der Pflicht ist, uns ins Gigabit-Zeitalter zu führen. Vielmehr scheitert es oft am Widerstand von im Rahmen der kommunalen Selbstverantwortung vor Ort verantwortlichen Traditionswächter: „Hammer schon immer so gemacht, machmer auch weiter so!“ 

Sicher muss man über die Ausfallsicherheit von Kugelschreiber und Papier nicht diskutieren - wohl aber über die Ausfallwahrscheinlichkeit einer vernünftig gepflegten, resilienten Software und modernen IT-Infrastruktur und deren Redundanzen. Sicher macht es als Grundlage Sinn, den „Vierfachvordruck“, die handgezeichneten Lageskizzen und Schadenkonten im Rahmen der Führungskräfteausbildung für die Stabsarbeit zu erlernen. Buchhaltung erlernt man schließlich auch auf T-Konten-Blättern und arbeitet danach mit einer Buchungssoftware. Spätestens nach der Ausbildung sollte das Prinzip „Pen&Paper“ aber nur noch als Rückfallebene verstanden werden. Die Informationsbeschaffung für alle Mitglieder einer Einsatzleitung/eines Krisenstabes, die Visualisierung komplexer Szenarien in Verbindung mit Geoinformationssystemen ist mit elektronischer Führungsunterstützung deutlich einfacher oder tatsächlich nur durch diese möglich. Der Führungsvorgang ist heute schneller als es in rein „analogen“ Stäben früher möglich war. Man kommt mit modernen Führungsmitteln schneller von der Chaos-Phase vor die Lage und kann sehr viel schneller agieren anstatt lediglich zu reagieren, sehr viel schneller erhält man die Initiative zurück - und rettet damit gegebenenfalls Leben.

Meine Zeit im Stab des Innenministeriums Baden-Württemberg während der Flüchtlingskrise 2015 hat mich eine Sache gelehrt: Es ist ohne eine vernünftige Stabssoftware mit einer entsprechend revisions- und gerichtssicheren Dokumentation nahezu unmöglich, ein Jahr oder länger danach nachzuvollziehen, aus welchem Grund wann welcher Befehl gegeben wurde, welche Informationen zu diesem Zeitpunkt vorgelegen haben, die Grundlage dieser Entscheidung waren, welche Ressourcen vorhanden waren und wer mit wem wann über welchen Kanal kommuniziert hat. Daraus folgt: Die Digitalisierung im Bevölkerungsschutz schützt im Zweifelsfall den Einsatzleiter bzw. die Mitglieder des Stabes.

Insofern möchte ich die Fragestellung von Herrn Gullotta gerne beantworten: Wir sind auf dem richtigen Weg, die passenden Werkzeuge einzuführen. In die Entscheiderebene wächst allmählich die Generation hinein, die mit digitaler Kommunikation aufgewachsen ist und naturgemäß mit deutlich weniger Vorbehalten die Chancen und Vorteile erkennen.

#TeamDigitalisierung


Samstag, 14. November 2020

Novelle des Infektionsschutzgesetzes am 18.11.2020


Bei der AfD und in diversen Verschwörungstheoretikerkanälen, Attila und Xavier lassen grüßen, wird derzeit sehr heiß das Thema Infektionsschutzgesetz diskutiert – dort wird die Novellierung gerne als „Ermächtigungsgesetz“ bezeichnet und bewusst eine Parallele zur Machtergreifung der Nationalsozialisten gezogen. Sagt mal, Leute, geht’s eigentlich noch?

Natürlich ist die Fragestellung durchaus berechtigt, ob unser Rechtsstaat und unsere Gesetzeslage eine Situation wie die derzeit Vorherrschende tatsächlich vorsieht, ob wir darauf vorbereitet waren. In meinen Augen ein klares "Nein", weder noch. Wenn Gerichte z.B. das Prostitutionsverbot im Angesicht der Pandemie aus formaljuristischen Gründen kippen können, dann ist das nur sehr oberflächlich betrachtet ein Gewinn für den Rechtsstaat. Tatsächlich bräuchten wir meiner Ansicht nach eine robustere Gesetzgebung für Krisenfälle, ohne gleich ins Extrem der Sicherstellungsgesetze abzugleiten. Eine Gesetzgebung, die ein Regierungshandeln per Verordnung robust und rechtssicher möglich macht, ohne dass ein Gericht das Verbot für den Betrieb von Fitnessstudios kippen kann, auch wenn ich auf rein persönlicher Ebene es sehr begrüßen würde, wieder trainieren zu dürfen. Hier geht es mir mehr um das Prinzip.

Ich habe im Moment den Eindruck, als befänden wir uns auf der Titanic, Eisberg voraus! Während der Großteil der Passagiere die präventiven Maßnahmen akzeptiert, Schwimmwesten anlegt und die Rettungsboote bemannt, gibt es dann noch diejenigen, die zuerst parlamentarisch über Maßnahmen abstimmen möchten - wohlwissend, dass der Kapitän und die Besatzung ohnehin die Mehrheit der Stimmen auf sich vereint. Aber Widerspruch ist nunmal die einzige Möglichkeit, sich entsprechend in Szene zu setzen und mediale Aufmerksamkeit zu erheischen. Je lauter und unsachlicher das Gepolter, desto mehr Aufmerksamkeit – man sieht das in mehr oder weniger großer Ausprägung bei allen Oppositionsparteien, auch bei meiner eigenen. Das wird durchaus auch parteiintern von vielen eher skeptisch betrachtet.

Und dann gibt es natürlich noch diejenigen, die die Existenz des Eisbergs anzweifeln. Und die, die der Ansicht sind, dass ohnehin nur die Alten und Schwachen sterben könnten. Nicht zu vergessen diejenigen, die Schwimmwesten für völlig überflüssig halten und ganz aktuell diejenigen, die sich mit dem Hinweis, dass ihnen niemand etwas vorzuschreiben habe, einfach gegen jede Maßnahme stellen und an Bord bleiben.

Offen gesagt: Auch wenn ich von mir behaupten kann, mich halbwegs vertiefend in der Materie auszukennen - ich habe keine Ahnung, ob die nun getroffenen Maßnahmen die richtigen sind. Sicher kann man trefflich darüber streiten, ob es Sinn macht, die Gastronomie, die bekanntlich statistisch kaum als Infektionsquelle in Erscheinung getreten ist, nun wieder zu schließen. Vielleicht würde es mehr Sinn machen, einfach nur die Bars und Clubs zu schließen, die tatsächlich maßgeblich an der Verbreitung vor allem in der Gruppe der bis zu 35jährigen beigetragen haben. Das gleiche gilt für Vereinssport und Fitnessstudios, letztere waren mit einer Quote von 0,78 Infektionen auf 100.000 Studiobesuche definitiv nicht in relevantem Ausmaß am Infektionsgeschehen beteiligt. Warum Musikvereine nicht mehr zusammenkommen dürfen, Gottesdienste aber stattfinden - das erschließt sich mir nicht. Macht das alles wirklich Sinn? Wie bereits gesagt: Ich weiß es tatsächlich nicht - und wenn wir mal ehrlich sind, dann weiß das auch keiner der 82 Millionen Bundestrainer bzw. Hobbyvirologen, Möchtegern-Politiker und Facebookaktivisten.

Ich komme aus dem Krisenmanagement – und ganz sicher ist das präventive Krisenmanagement der Bundesregierung massivst zu kritisieren. Man hatte monatelang Zeit, sich auf diese zweite Welle vorzubereiten. Man hatte monatelang Zeit, auch die entsprechende Gesetzesgrundlagen zu schaffen oder zumindest vorzubereiten - aber wie man im Frühjahr schon so treffend bemerkte: There's no glory in prevention.

Was allerdings bei aller berechtigten Kritik am präventiven Krisenmanagement anerkannt werden muss: Die Regierung handelt im operativen Krisenmanagement nach bestem Wissen und Gewissen, es gibt Gründe für diese Entscheidungen. Ganz sicher wurden diese Maßnahmen nicht aus dem hohlen Bauch heraus beschlossen sondern sind das Ergebnis verschiedener Expertisen von tatsächlichen Fachleuten. Keine Frage, es gibt auch immer wieder Fachleute, die komplett gegensätzlicher Ansicht sind, der Beef zwischen Drosten und Streeck ist ja geradezu legendär. Schlussendlich muss man aber die Fragen stellen: "Cui bono?" - Wem nutzt dieser Lockdown-Light? Wer profitiert wirtschaftlich davon? Diese Fragen können auch diejenigen, die am lautesten gegen die Maßnahmen aufschreien, nicht beantworten. Zumindest nicht jenseits von schwachsinnigen Verschwörungstheorien im Stile von QAnon und ähnlichem. Und da es tatsächlich keinen wirklichen Nutznießer gibt, so ist mein Schluss, dass die Maßnahmen eben tatsächlich nur aus einem Grund entschieden wurden - weil die Verantwortlichen der Ansicht sind, dass diese den besten Weg mit dem geringsten Schaden darstellen.

Was ich darüber hinaus weiß: Den bislang halbwegs glimpflichen Verlauf in Deutschland im direkten Vergleich zu unseren europäischen Nachbarländern mit vergleichbarem Sozial- und Gesundheitswesen verdanken wir den im Frühjahr getroffenen Maßnahmen. Ironischerweise also genau den Maßnahmen, gegen die wegen angeblicher Unverhältnismäßigkeit eine kleine aber laute Minderheit auf die Straße geht - siehe den obigen Vergleich zur Titanic. Dass es einfach nur schäbig und billig ist, bei allen eventuellen Versäumnissen und Fehlern die jetzige Situation alleinig auf die Politik zu schieben anstatt auf die Menschen, die durch ihr unverantwortliches Verhalten uns sehenden Auges mit Ansage dahin gebracht haben, wo wir heute sind, führe ich nicht weiter aus, da sonst Tourette ausbricht und ich anfange, die Covidioten aufs übelste zu beschimpfen. Auch hier sehe ich die Gerichtsentscheidungen, die diese Demonstrationen genehmigen, nur in sehr oberflächlicher Betrachtung als einen Sieg des Rechtsstaates. Selbstverständlich müssen sich Richter an das geltende Recht halten und können in ihrer Entscheidung nicht die objektiven richtigen Maßnahmen stützen, wenn sie faktisch gegen geltendes Recht verstoßen. Daher ist, wie eingangs bereits ausgeführt, eine deutlich robustere Gesetzgebung notwendig.

Mein persönliches Fazit: Ich mag nicht mit allen Maßnahmen einverstanden sein - aber wenn man aus dem Krisenmanagement eine Tatsache kennt, dann doch die, dass man Ziele erreicht, indem man an einem Strang zieht. Und zwar in die selbe Richtung. Streiten kann man gerne hinterher, während einer Krise muss einfach eine/r das Sagen haben. Demokratische Prozesse gelangen in Krisen an ihre Grenzen.

Eines ist sicher: Auch die Gegner der Maßnahmen wissen nicht, was der richtige Weg ist. Was der richtige Weg gewesen wäre, wird uns dann irgendwann die Geschichte zeigen. Vielleicht.

#wearthatfuckingmask #staythefuckhome #keepdistance #staysafe #stayhealthy

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/118341/Infektionsschutzgesetz-soll-schnell-verabschiedet-werden

Samstag, 24. Oktober 2020

Corona-Kontaktnachverfolgung? Für‘n Ar...

Vorweg: Keine Sorge, uns geht es allen gut!

Am gestrigen Freitagabend erhielten wir per Mail vom Kindergarten die Benachrichtigung, dass in der Gruppe unserer Dreijährigen am 21.10. eine Person positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Wir wissen nicht, ob es sich um ein Kind oder um eine Erzieherin handelt, unterm Strich ist das aber eigentlich auch irrelevant, da Kindergartenkinder ohnehin zu niemandem Distanz halten. Unsere Tochter zählt damit zusammen mit allen anderen Kindern und Erzieherinnen der Gruppe zu den Kontaktpersonen 1. Grades und die Gruppe bleibt nun bis 31.10. geschlossen. Die Kinder dürfen entweder nach 14 Tagen ohne Symptome oder nach zwei negativen Testergebnissen zurück kommen. Felicitas muss in dieser Zeit in Quarantäne, die restliche Familie bleibt hiervon grundsätzlich unberührt. Das Gesundheitsamt nimmt noch Kontakt mit uns auf, heißt es im Schreiben des Kindergartens. 

Soweit die Theorie... Die Praxis zeigt nun allerdings deutlich, warum unser derzeitiges System nicht funktionieren kann. Man soll den ersten Test innerhalb der ersten 1-3 Tage nach der potenziellen Infektion vornehmen. Ganz davon abgesehen, dass die ansteckende Phase der Person im Kindergarten vom 12.-21.10. angegeben wird und somit die Kids bereits seit einigen Tagen symptomfrei infiziert und potenzielle Überträger hätten sein können, ist die Teststation im Landkreis Ludwigsburg offenbar massiv überlastet. Der erste mögliche Termin wird für nächsten Mittwoch angeboten. Sollte dieser Test positiv sein, erfahren wir das Ergebnis mit Glück am Donnerstag, voraussichtlich erst am Freitag. Das heißt, wir Eltern würden erst nach weiteren 7 Tagen zu quarantänepflichtigen Kontaktpersonen 1. Grades und bis wir dann getestet sind, gehen dann voraussichtlich nochmals 5-7 Tage ins Land, in denen unsere Kontaktpersonen aus Familie, Freundeskreis und im beruflichen Umfeld in Ungewissheit bleiben, ob sie denn nun als reguläre Kontaktperson gelten und sie auch diesen kompletten Akt durchlaufen müssen. 

Um es platt zu sagen: Ich könnte seit mindestens einer Woche unwissentlich und symptomfrei infiziert sein. Ob ich es tatsächlich bin, erfahre ich erst in rund 14 Tagen, da man nur als Kontaktperson 1. Grades getestet wird. Im dümmsten Fall war ich 14-21 Tage ein Überträger und komme erst in Quarantäne, wenn ich vermutlich schon wieder gesund bin. 

Mein persönliches Fazit aus der Geschichte: Bis zu einem negativen Testergebnis unserer Tochter vermeide ich Sozialkontakte, gehe nicht ins Büro, nicht zur Feuerwehr, nicht ins Fitnessstudio, besuche nicht meine Eltern und bekomme ab sofort keinen Besuch mehr. Gleiches gilt für den Rest der Family. Und das in den Herbstferien. Vermutlich lasse ich die Familie privat auf eigene Kosten testen, um den Vorgang abzukürzen. Blöd, was? 🙄


#staysafe #stayhealthy #wearthatfuckingmask #CovidiotenrausausmeinerFreundesliste

Sonntag, 11. Oktober 2020

Politische Verortung

 


Es ist aber auch schwierig, wenn man sich selbst politisch verorten soll. Rechts? Links? Konservativ? Libertär? Liberal? Progressiv? Versuchen wir es mit dem Ausschlussverfahren... 

Die Rechten mögen mich nicht, weil:

  • ich mich für eine bunte, multikulturelle Gesellschaft einsetze,
  • ich kriminelles Verhalten soziologisch betrachte und damit die Wahrscheinlichkeit dafür nicht an der ethnischen und kulturellen Herkunft oder gar der Hautfarbe festmache sondern an der sozialen Schicht, Verbrechen Taten von Individuen und damit Einzelfälle sind und
  • ich der Meinung bin, dass Europa und insbesondere Deutschland ein größeres Engagement für Geflüchtete an den Tag legen muss und ich darüber hinaus 
  • ein großer Fan der EU und des Euro bin. 
  • Das deutlichste Indiz ist aber sicher, dass ich in den sozialen Medien häufig „linksgrünversiffter Gutmensch“ genannt werde. 


Die Linken mögen mich nicht, weil:

  • ich einen starken, funktionierenden  Rechtsstaat für notwendig und
  • Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden nicht für ein strukturelles Problem sondern ebenfalls für Einzelfälle von Individuen halte. 
  • Ich ein grundsätzliches Vertrauen in unsere Polizei habe. 
  • Die Bundeswehr halte ich für ebenso notwendig wie die NATO-Mitgliedschaft und ich befürworte Auslandseinsätze der Bundeswehr.
  • Das macht mich in Facebook und Co. zum Nazi. 


Die Konservativen mögen mich nicht, weil:

  • ich als Atheist die Sonderrechte der Kirchen abschaffen möchte,
  • der festen Überzeugung bin, dass Frauen alleine über ihren Körper bestimmen sollen und somit sie alleine auch über eine Abtreibung entscheiden können sollten (ohne dass ich das selbst befürworte),
  • Homosexualität als normal erachte, es den Staat nichts angeht, wer wen liebt und er sich aus der einvernehmlichen Sexualität zwischen mündigen Bürgern herauszuhalten hat, es gleiche Ehe-/Familien-/Adoptionsrechte für alle geben sollte. 
  • Ich - ohne selbst Konsument zu sein - für eine Legalisierung von Drogen aller Art bin, einfach weil es die Herstellungs- und Beschaffungskriminalität schlagartig lahmlegen würde und es den Staat nichts angeht, was Bürger konsumieren. 
  • Damit rüttle ich ja an der Wertebasis unserer Gesellschaft, ich bin damit automatisch gegen die Familie und überhaupt, das Christentum ist ja schließlich die moralische Instanz der westlichen Zivilisation! 


Die Markt-Liberale  mögen mich nicht, weil:

  • ich libertärem Raubtierkapitalismus im Sinne Ludwig von Mises eine Absage erteile,
  • ich nicht glaube, dass ein völlig unregulierter, freier Markt alles richtet,
  • ich den Grundsatz „privat vor Staat“ nicht bedingungslos mitgehe,
  • ich die Privatisierung in den kritischen Infrastrukturen (KRITIS) für falsch halte,
  • ich Steuern nicht grundsätzlich ablehne und
  • ich einen funktionierenden Sozialstaat nicht für einen Ausdruck spätrömischer Dekadenz halte sondern für eine herausragende Errungenschaft unserer Gesellschaft. 
  • Klar, dass mir damit dann jeglicher Liberalismus abgesprochen wird. Die Deutungshoheit liegt immer bei denjenigen, die meinen, es dürfe keinen „Bindestrich“-Liberalismus geben. Ich persönlich finde Sozial-Liberal als Gegenpol zu Markt- oder National-(sic!)Liberal ganz schick!


Die Progressiven mögen mich nicht, weil:

  • ich das generische Maskulinum nicht für einen Ausdruck der Zementierung patriarchalischer Machtstrukturen und ich radikalfeministische Einstellungen für Firstworldproblems halte.
  • Ich einige Positionen der NRA bzw GRA (National/German Rifle Association) vertrete und ich mich für ein liberaleres Waffenrecht und vor allem gegen weitere Einschränkungen im Waffenrecht einsetze. 
  • Das macht mich grundsätzlich „zum Teil des Problems“, wie mir immer wieder versichert wird. 


Die Grünen mögen mich nicht, weil:

  • Ich gegen ein allgemeines Tempolimit bin und meinen Diesel so schnell nicht aufgeben will,
  • ich gerne Fleisch konsumiere und Organisationen wie PETA, Extinction Rebellion usw., die beständig gegen Gesetze verstoßen und jeden mit anderer Meinung kriminalisieren, grundsätzlich ablehne. 
  • Ich gegen einen bevormundenden, überregulierenden, von Ideologien geleiteten Nannystaat bin. 
  • Ach ja, auch hier bin ich „Teil des Problems“. Ist klar. 


Ich sehe das so: Wenn einem viele politische Strömungen widersprechen, dann macht man offensichtlich etwas richtig. Bin ich dann in der „Mitte“? Vermutlich nicht, schlussendlich geht es mir um die Freiheit des Individuums. Oder wie es Silvester Stallone in Demolition Man sagte:


„Ich bin für Redefreiheit und für Freiheit der Wahl. Ich bin ein Typ der gerne in einer schmierigen Kneipe hockt und sich fragt: Nehm" ich ein T-Bone Steak oder "ne Riesenportion Spare Ribs mit richtig schönen fetten Pommes dazu? Ich bin cholesterinsüchtig! Ich will Speck, Butter und will tonnenweise Käse reinhauen. Ich will "ne fette Havannah, so groß wie Cincinnati in der Nichtraucherzone rauchen. Ich will nackt mit grünem Wackelpudding beschmiert durch die Straßen laufen, und ich will mir die Freiheit nehmen, den Playboy zu lesen. Warum? Weil ich das Bedürfnis dazu verspüre!“



Samstag, 9. Mai 2020

„Mit“ oder „an“ Corona

Roy Horn stirbt, er war mit SARS-CoV2 infiziert und an Covid19 erkrankt.

In den Kommentarspalten unter entsprechenden Artikeln in den Leitmedien entbrennt sofort die Diskussion, dass Roy ja schließlich nicht an sondern nur „mit“ Covid19 gestorben sei. Ins gleiche Horn trötet ja auch seit Wochen Tübingers OB Boris Palmer, man würde derzeit nur Leben von Menschen retten, die ohnehin in ein paar Wochen verstorben wären.

Das ganze ist natürlich auf mehreren Ebenen postfaktischer Bullshit. Ansonsten hätten wir keine Übersterblichkeit, die sich statistisch in den meisten Ländern signifikant auswirkt.

(Übersterblichkeit:
https://www.n-tv.de/panorama/Deutschland-registriert-mehr-Tote-als-sonst-article21767623.html
https://www.euromomo.eu/graphs-and-maps
https://www.nytimes.com/interactive/2020/04/21/world/coronavirus-missing-deaths.html )

Natürlich trifft es überwiegend ältere Menschen. Aber es gibt hinreichend tödlich verlaufende Fälle von deutlich jüngeren Menschen, zwar auch in der Regel vorerkrankt, aber mit Sicherheit noch mit einer hohen Lebenserwartung.

Mal ganz davon ab: Wer heute das 80. Lebensjahr erreicht hat, hat statistisch gem. der Sterbetafeln noch immer eine Lebenserwartung von 9 Jahren. Insofern ist die ganze Betrachtungsweise nur eines: Zynisch.

Diese semantische Diskussion ob „mit“ oder „an“ Covid19 ist doch völlig sinnbefreit.

Die wichtigste Aussage im unten verlinkten Artikel ist:

„Was der Pathologe in der Schweiz aber auch konstatierte: Keine dieser Vorerkrankungen hätte vermutlich kurzfristig zum Tod geführt. Ohne Coronavirus wären alle Patienten vermutlich noch am Leben. Die festgestellten Vorerkrankungen wirken zwar grundsätzlich lebensverkürzend, aber alle Patienten hätten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ohne Covid-19 noch länger gelegt. Wie lange, kann natürlich niemand vorhersagen.“https://www.freiburg-nachrichten.de/2020/04/22/mit-oder-an-covid-19-gestorben-ist-das-ein-unterschied/

Aus humanistischer Sicht stellt sich bei den ganzen Verharmlosern dann doch die Frage, ob Vorerkrankte (by the way nach pessimistischen Einschätzungen ein paar Millionen in Deutschland nach der Definition für SARS-CoV2-Risikogruppen) weniger Recht auf Leben haben? Ich denke, eher nicht.




Dienstag, 25. Februar 2020

Coronavirus

https://drive.google.com/uc?export=view&id=1ttkILo82zPMUsI19u7OGDZp0pGo_daZY

Heute wurde ich aus Feuerwehrkreisen gefragt, wie ich die Sache mit dem Coronavirus einschätze. Ich habe mit mir gehadert, ob ich mich dazu öffentlich äußere oder nicht, da man derzeit dazu neigt, Stimmen der Mahnung in die Ecke von Verschwörungstheoretikern zu drängen. Wer mich näher kennt, weiß, dass nichts der Wahrheit ferner liegen könnte. 

Dennoch empfinde ich die momentanen Beschwichtigungs- und Relativierungsbemühungen seitens der Bundesregierung und einem großen Teil der Medien vom objektiven Standpunkt her als ebenso danebenliegend wie die schon beinahe ans hysterisch grenzende Twitter-Gemeinde und Boulevard-Presse. 

My 2 Cents zu diesem Thema:

Ich betrachte die Sache tatsächlich mit steigender Sorge. Wenn man ein paar Fakten zusammennimmt, die in den letzten Tagen vor allem auch in der ausländischen Presse bekannt wurden, ergibt sich folgendes Bild:

- Die Inkubationszeit beträgt bis zu 28 Tage (nicht 14, wie bislang gedacht)
- mehrfach negativ getestete Personen haben dennoch das Virus übertragen
- die Krankheit kann symptomfrei und mit sehr mildem Verlauf von statten gehen und wird oft nicht erkannt
- die Erkrankungsdauer wird mit bis zu 6 Wochen angegeben, bereits gesundete Patienten bleiben in China weitere 14 Tage unter Quarantäne

Man kann also davon ausgehen, dass zehntausende von Überträgern unerkannt und damit nicht in Quarantäne sind - auch in Europa, wie Italien im Moment mit den ersten Todesfällen beweist. Das Virus mag weniger ansteckend sein wie die normale saisonale Influenza, dennoch können wir bereits jetzt von einer Epidemie sprechen, die Gefahr einer Pandemie ist definitiv gegeben. Die vorbeugenden Quarantänemaßnahmen sind vor diesem Hintergrund eigentlich völlig für die Katz und machen nur bei vermutlich Erkrankten in beschränktem Umfang zur Beobachtung und rechtzeitiger medizinischer Intervention Sinn. Ausgangssperren über ganze Landstriche verhängen, Touristenhotels mit 1000 Gästen unter Quarantäne stellen - verhindern lässt sich die Ausbreitung so wohl nicht, allenfalls verlangsamen. Das Virus jedenfalls macht in einer globalisierten Welt an Grenzen keinen Halt. 

Die Letalität liegt derzeit bei 3%. Wenn man postuliert, dass die Dunkelziffer durch symptomfrei Erkrankte oder zumindest mit mildem Verlauf Erkrankte deutlich höher ist als bekannt, dann dürfte die Letalität zunächst einmal noch deutlich sinken. Das klingt im ersten Moment beruhigend, auch wird sehr oft der Vergleich zur "normalen" Influenza bemüht. Ich bin mittlerweile zu dem Schluss gekommen, dass das eine zu undifferenzierte Sichtweise ist, denn:

- bei der Influenza gibt es trotz Impfung jährlich zigtausend Tote - für dieses Coronavirus existiert aber vermutlich über Jahre hinaus keine Impfung. D.h., immungeschwächte und lungenerkrankte Personen können sich nicht prophylaktisch schützen - und genau in dieser vulnerablen Gruppe passieren die tödlichen Krankheitsverläufe.
- Man geht von einem milden Verlauf bei 80% der Infizierten aus. Das ist im ersten Moment auch beruhigend, aber nur so lange das ganze nicht wirklich größere pandemische Ausmaße annimmt. Sollte das tatsächlich passieren, sind unsere Ressourcen für die übrigen 20%, die medizinische bis intensivmedizinsche Behandlung und Betreuung benötigen, sehr schnell am Ende angelangt. Und dann ist der Moment erreicht, in dem die Letalitätsrate die 3% sehr schnell überschreitet.

Sich darauf zu berufen, dass die Mehrheit ja einen milden Krankheitsverlauf haben dürfte, sogar milder als bei einer Grippe und darum kein Grund zur Sorge bestünde, ist den Alten, den Gebrechlichen und unseren Kleinkindern gegenüber mehr als nur zynisch, dieser Aussage haftet etwas darwinistisches an. 

In meinen Augen wäre es seitens der Bundesregierung rein prophylaktisch sinnvoll, sehr schnell im Rahmen des Bevölkerungsschutzes Kapazitäten in Form von Lazaretten aufzustellen. Richtige Notlazarette haben wir in keiner Vorhaltung für den nationalen Bevölkerungsschutz mehr, und das wird sich irgendwann rächen. Hoffentlich nicht bei dieser "Pandemie", sofern es eine ist, aber irgendwann... Spahn irrt meiner Ansicht nach, wenn er der Ansicht ist, dass die nationalen Pandemieplanungen ausreichend seien.