Seit Frühjahr bin ich an der Universität Hagen eingeschrieben
für den Bachelorstudiengang Politikwissenschaften, Verwaltungswissenschaften
und Soziologie. Ich habe bereits ein Fernstudium zum Fachwirt mit IHK-Abschluss
absolviert. Damals war mir eines klar: Nie wieder ein Fernstudium! Die
Erfahrungen mit der SGD waren, höflich ausgedrückt, durchwachsen.
Studienbetreuung gleich null, didaktisch schlecht aufgearbeitete Skripte,
inhaltliche Fehler, ob man die Einsendeaufgaben erledigt oder nicht
interessierte schlussendlich niemanden. Es wurde zu keiner Zeit aktiv Kontakt
zu den Studenten aufgenommen, der sog. Online-Campus war nicht wirklich
moderiert und diente fast ausschließlich dem Kontakt zwischen den Studierenden.
Die Prüfungsvorbereitung für den IHK-Abschluss waren durch die einzelnen
Lernhefte in meinen Augen völlig unzureichend. Rund die Hälfte der Studienhefte
sind noch heute unberührt - ich hatte mir entsprechende Fachliteratur, unter
anderem direkt von der IHK besorgt. Die Prüfung selbst, auch wenn mit sehr
hoher Durchfallquote - was in meinen Augen aber eher dem Klientel der
"Studenten" geschuldet ist - ist offen gestanden streng dem
ökonomischen Prinzip "minimaler Aufwand zum gewünschten Ergebnis"
folgend möglich gewesen. Der Fachwirt schlug insgesamt inkl.
IHK-Prüfungsgebühren mit etwa 4.000 € zu Buche. Zum Vergleich: Das erste
Semester an der Fernuni kostete mich 170 €.
Dementsprechend vorbelastet sind meine ersten Eindrücke der
Fernuni geprägt von sehr vielen positiven Überraschungen. Überwiegend sehr gute
Skripte, eine aktive virtuelle Lernumgebung basierend auf moodle mit
hervorragender mentorieller Betreuung. Professoren, die auf Anfragen zügig
reagieren und die Diskussion mit den Studierenden nicht scheuen. Im Gegenteil,
es werden Diskussionen zu den Inhalten der Skripte oder aktueller Themen
proaktiv seitens der Fernuni angeregt und professionell moderiert - wenn auch
nicht ganz der üblichen Internet-Kultur folgend recht steif im Sinne von
"Sehr geehrte Studierende..."
Skripte stehen überwiegend zusätzlich in elektronischen Formaten
zur Verfügung, die Nutzung von Tablets drängt sich geradezu auf.
Online-Vorlesungen stehen zum Download bereit. Auch wenn die Fernuni hier
meinem erachten nach nicht ganz auf dem Stand der aktuellen Technik ist - für
die Video-Streams wird doch allen Ernstes der Real-Player benötigt - bin ich
alles in allem sehr angetan. Mit ein wenig Einarbeitung kommt man mit der
moodle-Plattform, der virtuellen Lernumgebung, der Prüfungsanmeldung,
Seminarbuchung, Anmeldungen zu Präsenzseminaren usw. sehr gut klar. Die
regionalen Studienzentren - hier in Baden-Württemberg in Stuttgart,
Schwäbisch-Gmünd, Villingen-Schwenningen und Karlsruhe - bieten viele
begleitende Angebote. Für meinen Studiengang zwar nicht ganz so viel, wie
erhofft, jedoch stehen einem die Mitarbeiter der Studienzentren stets kompetent
als Ansprechpartner zur Verfügung. Sei es in allgemeinen Fragen das Studium
betreffend, sei es eine medientechnische Beratung, wenn es z.B. um die
Einrichtung eines VPN-Client zur Nutzung der Universitätsbibliotheken geht oder
durch einzelne Seminare wie die Grundlagen wissenschaftlicher Arbeit, Hausarbeitstutorien
usw.
Die Skripte, die ich fürs erste Semester erhalten habe, machen
tatsächlich Spaß. Am Anfang hat mich die schiere Informationsfülle und die
universitäre, wissenschaftliche Sprache an meine Grenzen geführt. Viele Inhalte
sind hochtheoretisch, aber gerade über solche Unklarheiten dann begleitend in
der moodle-Umgebung mit Kommilitonen bzw. den Studienbetreuern zu diskutieren,
bereitet einem sehr viel Freude beim Lernen. Man wird in die einzelnen Bereiche
des Studiums eingeführt, wenn auch mit einem wesentlich höheren Anteil an
Politikwissenschaften als an den Bereichen Verwaltung und Soziologie. Gerade
aber letztgenannte Disziplin finde ich wider erwarten extrem interessant, muss
man sich doch unter anderem mit klassischen Texten von Marx, Weber, Kant usw.
beschäftigen. Interessant sind auch die "Klassiker" zu den
Politikwissenschaften, angefangen von Aristoteles über Hobbes bis hin zu
Trocqueville.
Bei der Recherche zu weiterer Literatur oder anderer
Informationsquellen stolpert man über einige sehr interessante Dinge.
scholar.google.com war mir bis dahin gänzlich unbekannt, iTunes-U ebenfalls.
Vor allem von letzterem bin ich begeistert, stellen doch Universitäten weltweit
Vorlesungen ein. So kam ich in unter anderem in den Genuss einer Vorlesung eines
Professors in Yale zu den Begründern der modernen Soziologie. (Link) Sehr zu empfehlen!
Abschließen werde ich dieses Semester mit einer Hausarbeit. Für
die Bearbeitung stehen einem als Teilzeitstudenten sechs Wochen zur Verfügung,
Vollzeitstudenten - auch das ist an der Fernuni möglich - haben drei Wochen
Zeit. Ich werde wohl sehr viel Zeit in Bibliotheken hier in Stuttgart
verbringen, aber tatsächlich freue ich mich schon darauf.
Nun, das Sommersemester ist noch nicht einmal ansatzweise
vorbei, die Hausarbeit noch nicht geschrieben und schon muss man sich für die
Module im Wintersemester einschreiben. Auf der Agenda stehen ab Oktober dann:
- Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland
- Strukturwandel der Demokratietheorien
- Grundstrukturen der Politik in der EU
- Das politische System Deutschlands
- Einführung in die
Verwaltungswissenschaft
- Haushalt und Finanzen
- Regierungsorganisation und
politische Führung in der BRD
- Verwaltungs- und
Haushaltsreformen
Workload von 18 SWS - nun denn, packen wir's an!
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