Donnerstag, 31. Januar 2013

Dirndl-Gate

Gestern meinte ein Kollege, sich als Mann zu der Sexismus-Debatte zu äußern, käme Blinde-Kuh-spielen im Minenfeld gleich. Völlig zu Recht wirft Birgit Kelle in einer Kolumne die Frage auf, ob wir diese Debatte auch führen würden, hätte nicht Rainer Brüderle sondern George Clooney derartige Avancen gemacht. Zum Glück stellt eine Frau diese Frage, jeder Mann wäre unter dem Hashtag #Aufschrei bei Twitter virtuell kastriert, geteert, gefedert und gevierteilt worden.

Gerade die über Twitter geführte Debatte habe ich einige Zeit mitverfolgt. Hier einige Stilblüten:








Glücklicherweise haben wir den Artikel 5 des Grundgesetzes. Glücklicherweise darf ich eine Meinung zu dieser Debatte haben, auch als Mann. Der #Aufschrei bei Twitter ist ein gefährliches Konglomerat. Sexismus, sexuelle Übergriffe, Pädophilie werden in einen Topf geworfen und kräftig zu einer explosiven, gesellschaftsspaltenden Brühe verrührt. Interessanterweise handelt geschätzt gerade einmal jeder 200. Tweet tatsächlich von einem Vorfall, den eine Frau als Sexismus oder Übergriff empfunden hat. Der Rest ist schlichte Diskussion bzw. private Meinungsäußerung der User. Die tatsächlichen #Aufschrei-Tweets sind zu 99% von der Qualität der obigen Stilblüten. Ob diese nun als Lappalien zu bewerten sind oder nicht, dieses Urteil überlasse ich dem Leser.

160.000 Tweets zum Thema #Aufschrei. Ein klarer Beweis dafür, dass Sexismus ein Alltagsproblem in Deutschland ist, so die vorherrschende Meinung in Presse und Feministenbewegungen. Falsch. Ein klares Beispiel dafür, wie die sogenannte Qualitätspresse gezielt eine Debatte über das zugegebenermaßen unhöfliche Verhalten eines alternden Politikers in Zeiten des beginnenden Wahlkampfs lanciert. Ich will es nicht schön reden, sexualisierte Gewalt, Übergriffe und jedes unerwünschte Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen ist verachtenswert. Auch mag jeder Mensch die Grenze für sich selbst definieren, wo tatsächlich der Tatbestand der (verbalen) Belästigung anfängt, muss sich dann aber unter Umständen die Frage nach einer gewissen Überdramatisierung gefallen lassen.

Gestehen wir uns ein, dass die Realität, somit auch meine eigene, stets subjektiv eingefärbt ist, dennoch halte ich Sexismus in Zeiten, in denen RTL-Formate wie Bauer sucht Frau deluxe (a.k.a. Bachelor) Hochkonjunktur und 7stellige überwiegend weibliche Zuschauerzahlen haben, in denen Pro7 mit Stereotypen wie in "The beauty and the nerd" erfolgreich an den Start geht und "Germanys next Topmodel" in der gefühlt 789. Staffel aufgelegt wird, für eine scheinheilige, verlogene Debatte. In Zeiten, in denen sich Romane wie die Twighlight-Saga oder Hausfrauenpornos wie Shades of Grey in die Bestsellerlisten schieben, in denen es schlussendlich um nichts anderes geht als um das Rollenverständnis zwischen Mann und Frau und sich die Hauptprotagonistinnen nur zu gerne dem Mann und seinem Willen unterwerfen, belegt #Aufschrei lediglich, dass es erneut eine kleine Minderheit dank sozialer Medien geschafft hat, einem Thema überproportional viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Wieder ein Beispiel dafür, wie soziale Medien geschickt durch einige wenige Demagogen oder in diesem Fall Demagoginnen (um dem Gendermainstreaming gerecht zu werden) genutzt werden um ein Problem aufzublasen, dem empirischen Forschungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht die Bedeutung beimessen würden, die es jetzt erhält. Von den Piraten als erfolgreiche "Internetdemonstration" gefeiert, fällt mir abschließend nur noch dieses Zitat ein:

Jeder übermäßig großen Versammlung gleichdenkender Individuen, und seien ihre Absichten auch noch so rechtschaffen, haftet ein Hauch von Lynchmob oder Lemming-Wanderung an.

P. J. O'Rourke


Dienstag, 8. Januar 2013

Vom übermäßigen Gebrauch von Fremdwörtern


‎"Das führt uns nicht nur zur Streitfrage einer konstruktivistischen Medientheorie, sondern auch zu noch grundsätzlicheren erkenntnistheoretischen und epistemologischen Problemen." 

Über diesen Satz stolperte ich heute Nachmittag in meinen Studienunterlagen. Zugegebenermaßen musste ich nachschlagen (ok, ok, ich habe gegoogled), was denn unter Epistemologie zu verstehen sei. Ich war sehr irritiert, als ich herausfand, dass die Epistemologie synonym für Erkenntnistheorie verwendet wird. - Nun lesen wir den ersten Satz noch einmal...

Hierzu fällt mir spontan Marcel Reich-Ranicki ein, der Arbeiten von Literaturwissenschaftlern folgendermaßen be-, wenn nicht sogar aburteilte:

"Ihre Arbeiten, voll von Fremdwörtern und Fachausdrücken, deren Notwendigkeit in der Regel nicht einleuchtete, waren für die meisten Leser unverständlich"