Dienstag, 27. Januar 2015

Imfgegner auf dem Vormarsch

Diese leidigen Diskussionen über Sinn und Unsinn von Impfungen gehen mir allmählich auf die Nerven. In einem sozialen Netzwerk musste ich mir neulich das hier anhören:



Man liest immer wieder von einer zunehmenden Impfmüdigkeit in der Bevölkerung. Einerseits ist das zu verstehen, die heutige Elterngeneration von jungen Kindern hat nicht mehr hautnah miterlebt, welche (Spät)schäden die üblichen Kinderkrankheiten hervorrufen können. Es ist im Bewusstsein nicht mehr präsent, dass z.B. bis in den 1980er Jahren die Epiglottitis eine häufige Todesursache für Kinder war. Weil seit den 80ern dagegen geimpft wird gab es diese Krankheit kaum noch. Durch Eltern, die auf die üblichen Verschwörungstheorien (wie die nette Dame in der oberen Abbildung) hereinfallen, wird die Herdenimmunität immer weiter ausgehölt. Längst besiegt geglaubte Krankheiten sind wieder auf dem Vormarsch.

Bevor nun lang und breit über BigPharma, schädliche Substanzen in Impfstoffen u.ä. diskutiert wird, empfehle ich die Lektüre dieses populärwissenschaftlichen Artikels aus dem Stern, der so niederschwellig formuliert ist, dass er von jedem verstanden werden müsste. (Ja, ja, ich weiß. Die Autorin ist von BigPharma gekauft. Lügenpresse usw...)

Liebe Eltern, Sie werden angelogen!

In meinen Augen gehört Eltern, die ihre Kinder generell nicht impfen, wegen Kindswohlgefährdung das Sorgerecht entzogen. Man kann sicher darüber diskutieren, ob eine Grippeschutzimpfung nötig ist. Auch bei anderen Impfungen kann man abwägen, inwieweit sie wirklich sein müssen. Man wird Kindern, die in der Stadt leben, wohl eher nicht eine FSME-Impfung angedeihen lassen. Aber die Grundimmunisierung gegen Mumps, Masern, Röteln, Diphterie, Pertussis, HiB, Tetanus und einige weitere Krankheiten sollte in meinen Augen Pflichtimpfungen sein.

Derzeit durch die Presse geht der Masernausbruch in Disneyland. Experten (nein, nicht die Homöopathen, Esoteriker und Weltverschwörer. Richtige Experten!) sind sich einig, dass dieser Ausbruch durch Impfungen hätte vermieden werden können. Immerhin belegt das, dass nicht nur ein Teil der Deutschen dumm genug ist, auf Impfschutz zu verzichten. Hier ein interessanter Artikel für diejenigen, die des Englischen halbwegs mächtig sind: Vaccination could have prevented Disneyland measles outbreak

In eigener Sache: Ja, unser Sohn ist tatsächlich vor einiger Zeit an Epiglottitis erkrankt. Er lag mehrere Tage intubiert und beatmet in der Uniklinik in Tübingen. Und ja, er war geimpft, allerdings schlug bei ihm die erste Impfung nicht an und es wurde kein Impftiter erhoben. So etwas kann vorkommen und wir sind dankbar und glücklich, dass er es überlebt hat. Sein Fall wird derzeit in der Fachpresse diskutiert, so z.B. im aktuellen Fachmagazin "Rettungsdienst" (S+K-Verlag, Ausgabe 01/2015).




Hier jetzt allerdings den Schluss zu ziehen, dass Impfungen wohl doch nichts bringen, ist der völlig falsche Ansatz. Im Gegenteil: Wären seine Spielkameraden im Kindergarten geimpft gewesen, hätte er sich mit dieser Krankheit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht anstecken können. Nicht-geimpfte Kinder können diesen Erreger (haemophilus influenca B, kurz HiB ) übertragen, ohne selbst zu erkranken. Insofern ist Impfung in meinen Augen Bürgerpflicht, auch um diejenigen zu schützen, die keinen eigenen ausreichenden Schutz haben.

Es gibt in Facebook eine Gruppe, die sich "Dinge, die Impfgegner sagen" nennt. Hier wird einem drastisch die Denkweise der Impfgegner vor Augen geführt. Einige Stilblüten möchte ich euch nicht vorenthalten:


Hier mal ein Beispiel von einem Kind, dessen Immunsystem durch Masern gestärkt wird:




Ja, es gibt Eltern, die ihren Kindern so etwas absichtlich zufügen. Durch unterlassene Impfungen. Und dass die Masern-Impfung Autismus hervorruft, ist eine Mär, die sich trotz x-facher Widerlegung hartnäckig hält. Die Mortalitätsrate bei einer Masernerkrankung (Sterblichkeit) liegt übrigens je nach Literatur zwischen 1:500 und 1:20.000. Wie auch immer, mir ist dieses Risiko viel zu hoch.



Auch dieses Bild zu Polio geistert durchs Netz. Hier ist so viel falsch, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll... Um es kurz zu machen: Es gibt in Deutschland keine gemeldeten Todesfälle durch Polioimpfungen. Was auch immer die Intension des Urhebers dieses Hoaxes ist, ihm Rollen meiner Ansicht nach ungebremst einige Murmeln durchs Oberstübchen.



Besonders nett wird's, wenn Ursache mit Wirkung verwechselt wird. Warum zum Geier gibt es wohl diese Erkrankungen in Europa kaum noch? Wegen der Impfungen. Warum sind sie wieder auf dem Vormarsch? Wegen der fehlenden Impfung. Grundgütiger, kann man denn tatsächlich derart dämlich sein?

Dass Impfgegner äußerst beratungsresistent sind, ist ja bekannt. Sie outen sich ja auch regelmäßig mit solchen Posts:



Und eines muss man wissen. Impfgegner fühlen sich im Recht. Sie glauben, dass sie der Weisheit letzter Schluss sind. Sie bemitleiden die armen Kinder von Eltern, die für Impfungen sind.


Zugegeben, der Blog ist ungewohnt emotional geschrieben. Aber das ist einfach ein Thema, bei dem es mir schwer fällt, die Contenance zu wahren.


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