Montag, 15. Juli 2013

Politisch korrekte Kinderbücher

Der eine oder andere mag sich an die Diskussion erinnern, die Anfang des Jahres die Kultur- und Literaturteile großer deutscher Tageszeitungen beherrschte. 

Darf Pipi Langstrumpfs Vater ein Negerkönig sein? Darf man heutzutage noch von Zigeunern sprechen? Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker sahen sich ebenso dem pseudomoralischen Sturm des Entsetzens ausgesetzt wie Otfried Preußlers "Die kleine Hexe", die ja schließlich "Negerlein" trifft. 

Warum ich das heute schreibe? Seit einigen Tagen lese ich meinem Filius jeden Abend ein paar Seiten aus Michael Endes "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" vor. Beim Vorlesen habe ich mir heute fast einen Knoten in die Zunge gemacht, denn in politisch korrektem Neusprech hätte ich folgende Geschichte erzählt:

"Frau Waas öffnete sie, und da lag in der Schachtel - ein kleines Baby mit sehr dunkler Haut! Es schaute alle Umstehenden mit großen glänzenden Augen an und schien ziemlich froh zu sein, dass es aus dem ungemütlichen Karton herauskam. "Ein Baby!" riefen alle überrascht, "ein maximalpigmentiertes Baby!""Das dürfte vermutlich ein kleiner Mensch afrikanischer Abstammung sein", bemerkte Herr Ärmel und machte ein sehr gescheites Gesicht." 

Man möge mir verzeihen, dass ich beim Vorlesen beim Original geblieben bin. Die Abenteuer von Jim Knopf haben mich durch meine Kindheit begleitet und ich liebte diese Geschichten. Ohne mich zum Rassisten zu machen. 


Montag, 1. Juli 2013

Freiheit

Freiheit... Was verstehen wir darunter? Für mich geht die Freiheit des Individuums über alles andere hinaus und endet erst dort, wo die Freiheit eines anderen Individuums beschnitten wird. Dementsprechend bin ich sehr skeptisch, was staatliche Überregulierungswut, blindwütige Verbote, Strafsteuern auf "unerwünschtes Verhalten" usw. angeht.

Hier das beste, was ich zum Thema "Freiheit" bislang gelesen habe - wohl wissend, dass es nicht die gelebte Realität, aber ein in meinen Augen zu erreichendes Ideal darstellt:

Das, was wir dann Staat nennen, ist ein reduzierter Staat. Reduziert auf das Erlassen allgemeiner Regeln, des äußeren Schutzes und des Rechts. Wir brauchen, und das mag manchen überraschen, die Autorität des Staates nicht als Hilfe, sondern als Macht. Als Gewaltmonopolist, nicht als Fürsorger; als Macht, die die Entwicklung freiwilliger und geordneter Formen des Zusammenlebens ermöglicht. Der nur all jene Wege zu diesem Ziel ausschließt, die mit Zwang verbunden sind. Der insofern "gleichgültig" ist gegenüber den verschiedenen Wegen zum gelungenen Leben, so es nicht die Rechte eines anderen verletzt. Er muss gegenüber der frei gewählten Lebensführung seiner Bürger peinlich neutral sein.
Dieser Staat ist Methode, nicht Inhalt. Er darf verwalten, nicht regieren. Er lehnt "politische Führung" ab. Er hat kein eigenes "Interesse". Er will weder erziehen noch geistig lenken. Er will den Bürger nicht anreizen, nicht manipulieren, nicht verführen. Das Gemeinwohl wird nicht durch staatliche Lenkung hergestellt, sondern durch das lebenspraktische Wirken der Bürger. Wir Bürger sind in ihm Individuen, die von niemandem als Mittel zum Zweck benutzt werden dürfen. Wir Bürger sind in ihm nicht Objekte seiner Beeinflussung, sondern Subjekte unseres eigenen Handelns. Er gesteht auch jedem Bürger zu, seine eigenen Fehler zu machen. Dieser Staat behandelt uns mit Gelassenheit, er hält Distanz, ist zurückhaltend, mischt sich nicht ein. Er orientiert sich an drei Kriterien: Respekt! Respekt! Respekt! Er lässt uns unser Leben selbst entscheiden, wie und mit wem wir auf welche Weise zusammenleben wollen, welche Idee vom guten Leben wir dabei verfolgen und welche Menschen uns dabei freiwillig helfen wollen. Er vertraut unseren Fähigkeiten zur Problemlösung. Es geht ihm vor allem darum, möglichst jeden Menschen so leben zu lassen, wie es ihm oder ihr gefällt. Dieser Staat hat im Privatleben der Bürger schlicht nichts verloren.
Sprenger, Reinhard K.: An der Freiheit des anderen kommt keiner vorbei, Campus Verlag, 1. Auflage, 2013