Die Stadtbilddebatte - nur echt mit selbstgerechter Empörung!
Schulz von Thun hätte hier wieder seine helle Freude. Zeigt die Debatte doch, dass insbesondere auch der Rezipient für die Dekodierung und Interpretation von Botschaften eine maßgebliche Verantwortung trägt.
Denn was hat Merz eigentlich ursprünglich gesagt - frage ich fassungslos, dass ausgerechnet ich Merz einmal verteidige? Wörtlich:
„Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“
Aha. Es geht also um „Rückführungen“, d.h. er bezieht sich auf folgende Personengruppen: Straftäter, Gefährder, abgelehnte Asylbewerber und nicht integrierbare Personen. In den Medien wurde die Aussage vielfach auf „Migration“ verkürzt und die Empörung ist - mal wieder - groß. Kontext und Realität werden im Inbrunst der vermeintlichen political correctness beiseite gewischt.
Rein auf der Sachebene sagte er lediglich, dass geltendes Recht durchgesetzt werden muss. Rückgeführt sollen die o.g. Personengruppen werden. Punkt. Das dürfte breite Unterstützung finden - da hilft kein „Ja, aber“ gefolgt von Relativierungsversuchen im Sinne von “das eigentliche Problem sind Männer”, “meine Töchter fühlen sich nicht unwohl” usw.
Wer hier nun interpretiert, dass sich das gegen sämtliche Migranten richtet, verfällt dem eigenen Bias und möchte Merz oder der CDU nur zu gerne rassistische Ressentiments unterstellen. DAS - und nur das ist das eigentliche Wasser auf den Mühlen der AfD.
Kann man machen. Hat mit der Realität aber nichts zu tun. Was ist denn die Realität? Bosbach hat neulich die richtigen Fragen gestellt: Kann man gefahrlos mit einer Kippa in Großstädten auf die Straße? Warum haben viele Freibäder heute Security? Poller vor Weihnachtsmärkten, Messerverbotszonen (völlig sinnbefreit…)? Fakt ist: Das Stadtbild hat sich massiv verändert. Nicht, dass “früher alles in bester Ordnung” gewesen wäre. Das hat kein Mensch gesagt.
Merz' Statement richtet sich insbesondere gegen Straftäter und Gefährder, also genau gegen die, die auch bei mir für ein ungutes Gefühl sorgen, wenn ich oder mein 15jähriger Sohn nach Einbruch der Dunkelheit alleine in der City unterwegs sind. Ich glaube niemandem, der sagt, dass er das völlig frei von Sorge macht. Dagegen anzugehen ist vor allem eines: Richtig.
Löst die Rückführung der o.g. Personengruppe alle Probleme? Nein, sicher nicht. Kriminalität bzw. die Wahrscheinlichkeit zu kriminellen Handlungen haben ihre Ursachen in zigfachen sozialwissenschaftlichen Studien belegt NICHT in der nationalen Herkunft und Ethnie, sondern in der zugehörigen sozialen Schicht. Je bildungsferner und prekärer die Lebenssituation, je größer die Wahrscheinlichkeit zu kriminellen Handlungen. Legt man die soziale Herkunft zu Grunde, ergibt sich kein signifikanter Unterschied in der nationalen Herkunft. Nichtsdestotrotz gehört zur Wahrheit, dass oben genannte Personengruppe überproportional in diesen Schichten vertreten ist. Ursachenbekämpfung ist wichtig, kann aber nur langfristig Auswirkungen zeigen - kurzfristig hilft auch in meinen Augen nur die konsequente Anwendung geltenden Rechts. Wer durch sein Verhalten oder durch den Rechtsstatus sein Bleiberecht verwirkt hat, der muss auch mit aller Konsequenz rückgeführt werden.
By the way: Da ich mich stets für geflüchtete Menschen eingesetzt habe, werde ich regelmäßig aus einschlägigen Kreisen als linksgrünversiffter Gutmensch bezeichnet.
Welch Ironie - man kann das eine tun ohne den anderen Sachverhalten nicht kritisch gegenüberzustehen.

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