Dienstag, 19. Februar 2019

Von der Verrohung im politischen Diskurs


Die Gemeinderatsliste "Wir in Vaihingen" ist in Facebook sehr aktiv - das ist prinzipiell begrüßenswert. Leider aber entpuppt sich diese Gruppierung bei näherem Hinsehen als eine typische "Dagegen-Partei" - egal, worum es geht, sie sind einfach dagegen - selbstverständlich ohne praktikable Lösungsvorschläge zu liefern. Meiner Ansicht nach überholt diese Gruppierung die AfD in manchen Bereichen rechts auf dem Standstreifen und selbstverständlich werden Bundes-, Landes- und Lokalpolitik in den Mixer gepackt. Mein Leserbrief hierzu hat in Facebook sehr viel positive Resonanz erfahren, unterm Strich bleiben die handelnden Akteure also einfach nur eine sehr laute, aber doch sehr kleine Minderheit.




Sonntag, 3. Februar 2019

Tempolimit

Quelle: Facebook - heute show: Link

Ein Tempolimit auf einer unfallträchtigen Strecke sorgt für weniger Unfälle. Wow... Irgendjemand ernsthaft überrascht?

So ziemlich jedes Medium ist die vergangene Woche auf diese Story angesprungen. Welche Fragen allerdings nicht in den großen Formaten gestellt wurden:

Gibt es weniger Staus durch ein Tempolimit?
Nein. Seit 2006 laufen Versuche mit "dWiSta" (dynamischer Wegweiser mit integrierten Stauinformationen), ein flexibles Tempoleitsystem mit vielversprechenden Ergebnissen, die ein generelles Tempolimit als eher sinnlos erscheinen lässt.*

Würde ein Tempolimit den CO2-Ausstoß reduzieren?
Der Straßenverkehr ist mit 12 Prozent an den CO2-Emissionen bundesweit beteiligt. Der Anteil bei Tempo 130 würde optimistisch geschätzt um 0,3% sinken. Das ist nun nicht wirklich der große, lohnenswerte Wurf.*

Um wie viel Prozent wären die Unfälle wohl gesunken, wäre ein Limit von 100 eingeführt worden? Oder gar 80, 60, 50?
Es ist eine Binsenweisheit, dass mit sinkender Geschwindigkeit die Zahl der Unfälle sinkt. Allerdings ereignen sich 60% aller tödlichen Unfälle auf der Landstraße - dort gilt bekanntlich ein Tempolimit von max. 100 km/h. 31,6% des Verkehr geht über die Autobahnen - dort werden aber nur 12 % aller Verkehrstoten und 7,5% aller Verletzten gezählt. In Deutschland kommen auf eine Milliarde gefahrener Kilometer 3,1 Tote. In Österreich sind es 4,8 und in den USA 5,0.*

Es gibt unbeschränkte Autobahnabschnitte, auf denen quasi keine Unfälle passieren - das betrifft sogar die übergroße Anzahl der deutschen Autobahnkilometer. Was genau würde hier ein Tempolimit bringen?
Studien ergeben, dass eintönige Fahrweisen dazu führen, dass die Fahrer Ihr "Großhirn" abschalten und die Zahl der Unfälle zunimmt. Zudem weiß man nach Innenstadt-Versuchen mit generellem Tempo 30 aus Schweden, dass generelle Lösungen Aggressionen beim Autofahrer schüren.*

Ich für meinen Teil bin nicht gegen ein Tempolimit - wo es notwendig ist. Man darf dem Thema ein wenig mehr Gehirnschmalz widmen als einfach nur "aber das gesamte Ausland macht es doch auch", bekanntlich gehört der Straßenverkehr in Deutschland, auch und insbesondere auf den Autobahnen zu den sichersten in Europa. In Österreich testet man streckenweise wieder Tempo 160 und auch in Italien gibt es Überlegungen, das Tempolimit aufzuweichen. Ich wäre für ein verkehrsaufkommensbedingtes, zeitgesteuertes Tempolimit. Meistens gibt es die Verkehrslage ohnehin nicht her, wesentlich schneller als mit der Richtgeschwindigkeit unterwegs zu sein. Warum man aber nachts auf der A9 zwischen Hof und Berlin auf schnurgerader, dreispuriger und ziemlich leerer Autobahn mit 130 dahinzuckeln sollte, erschließt sich mir nicht. Für mich persönlich ist das ganze eine postfaktische Ideologiedebatte.

*Zahlen/Fakten von Prof. Dr. Michael Schreckenberg, Stauforscher Uni Duisburg