Freitag, 13. April 2018

#KeepYourFilterbubbleClean

Eine seit kurzem hier am Ort ansässige Ärztin hat sich neulich in ihrem privaten Facebookprofil über eine Online-Bewertung eines türkischen Privatversicherten echauffiert. Er beschwerte sich über lange Wartezeiten. Unflätig, keine Frage, unterm Strich aber ein oft vorgefundenes Verhalten in Bewertungsportalen - insbesondere von Privatpatienten, aber es ging Frau Dr. mehr um die Tatsache, dass es ein Türke war denn um die schlechte Bewertung als solche. Insbesondere die Kommentare ihrer Facebookbubble sprachen Bände - auch hier ging es weniger um eine Zweiklassenmedizin oder um die oftmals bei Privatpatienten vorhandene Anspruchshaltung, es ging vorrangig darum, dass ein Türke hier solche unverschämten Forderungen stellt. Geschenkt - derartige Entgleisungen ist man auf diesem Profil gewohnt.

Nachdem unter einem weiteren geteilten Artikel, indem es um Übergriffe auf Pflegepersonal durch Flüchtlinge ging, die Kommentarspalte mit Pauschalisierungen wie Dreckspack, sollte man sterben lassen und ähnlichem AfD‘esken Stammtischinhalt eskalierte, merkte ich an, dass sich hier ja eine illustre Kommentargesellschaft zusammengefunden habe.

Nun, das war mein letzter Kommentar bei Frau Dr. Vorhin wollte ich sie auf eine Gesprächsrunde zur hausärztlichen Versorgung auf dem Land und der schwierigen Nachfolgesuche aufmerksam machen - siehe da, wir sind nicht mehr „befreundet“. Ein Zustand, der mir jetzt nicht zwingend schlaflose Nächte bereiten wird.

Aber einen Kommentar ist es mir dennoch wert, schlussendlich zeigt es doch die in Facebook-Profilen oder auch in Facebookgruppen oftmals vorherrschende mangelhafte Konflikt- und Diskussionskultur, wenn man sich die eigene Umwelt doch so zurechtschnitzen kann, dass sie den eigenen Vorstellungen entspricht. Diskussionen werden im Keim erstickt, abweichende Meinungen oder unbequeme Kommentatoren werden gelöscht, blockiert usw. Kein Wunder fühlen sich so viele in ihrer Meinung bestätigt, lassen sie doch nur Bestätigungen der eigenen Meinung zu.

Natürlich ist das als Inhaber des „virtuellen Hausrechts“ ihr gutes Recht, das ich bei justitiablen Kommentaren ebenso ausübe - aber ist das unterhalb dieser Schwelle wirklich klug? Umgebe ich mich nur mit Menschen, die ausschließlich über negative Erfahrungen mit „Radfahrern“ (ersetze Radfahrer durch eine beliebige andere Gruppe) berichten, für die Radfahrer das größte Übel sind und Politiker grundsätzlich „Volksfahrräder“ sind, dann werden meine diffusen Ängste sicher nicht weniger und ich fühle mich zunehmend bedroht. Umgekehrt gilt das natürlich ebenso - umgebe ich mich nur mit Fahrradbefürwortern, male ich mir eine rosarote Fahrradwelt, die nur bedingt etwas mit der Realität zu tun hat.

Man muss auch abweichende Fahrradmeinungen aushalten, finde ich. Man muss sich ein Gesamtbild erarbeiten, sich reflektiert und differenziert mit Fahrrädern auseinandersetzen und das ganze so objektiv wie möglich bewerten.

#BewareOfTheFilterbubble

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