Mittwoch, 1. Februar 2012

Immatrikulation - der lange Weg zum Studium

Der Lebenslauf mutet etwas ungewöhnlich an. Geschmissenes Wirtschaftsgymnasium mit mittlerer Reife, 5 Jahre Militär inklusive Auslandseinsätzen, Hilfsarbeiter im Rettungsdienst, Berufsausbildung zum Rettungsassistenten, Ausflüge in die freie Wirtschaft, Tätigkeit in der Hilfsorganisation im Ehrenamtlichen- und Freiwilligenmanagement und Zivil- und Katastrophenschutz zunächst auf Kreis-, dann auf Landesebene, Abschluss Fachwirt Sozial- und Gesundheitswesen (IHK) 2011.

Ende vergangenen Jahres stellte sich für mich die Frage, wie es nun weitergehen soll. Schlussendlich sollte ich mit dem Erreichten zufrieden sein. War bislang sicherlich unter anderem meine Triebfeder, anderen zu beweisen, dass ich es durchaus zu etwas bringen kann, so habe ich diese Pflicht eigentlich spätestens mit dem letzten Abschluss erfüllt. Auch ist es zweifelhaft und fraglich, inwieweit sich anderen zu beweisen eine wirklich gesunde Motivation ist. Ich habe den Punkt erreicht, an dem es mir weitestgehend egal ist, was missgünstige Menschen von mir halten.

Dennoch, auch wenn aus grundlegend anderer Motivation heraus, habe ich einen Hunger auf "mehr" verspürt. Ich bin jetzt 34 Jahre alt und möchte noch nicht sagen: Das war es jetzt. Das ist das Ende der Karriere. Das ist das Ende des Lernens. Ich kann und will mich nicht auf Lorbeeren ausruhen, ich habe einfach einen anderen Anspruch an mich selbst. Klar war lediglich, dass ich nicht schlicht und ergreifend meinen Job schmeißen kann und mich in einer Uni einschreiben. Die Familie will ernähert werden und den bescheidenen Luxus, den man sich im Laufe der Jahre aufgebaut hat, möchte man schließlich auch nicht missen.

Guter Rat war dennoch teuer, denn die einzige Steigerung zum bereits Erreichten kann sein, einen akademischen Grad zu erlangen. Zwingend logisch wäre nach dem Fachwirt gewesen, mich an einer privaten Hochschule wie der AKAD, der Euro-FH oder an der staatlichen Fernuni Hagen zu einem Bachelor-Studiengang in Wirtschaftswissenschaften einzuschreiben. Die ersten drei Semester hätte ich wohl spielend leicht in der Tasche, nachdem ich die Curricula der Studiengänge mit dem bereits Erlernten bei der IHK verglichen habe. Zwingend logisch und der Weg des geringsten Widerstandes...

Es soll bei einem Studium aber in erster Linie um mich gehen. Um meine Interessen, um meine Stärken, meine persönliche Entwicklung. Im Entscheidungsfindungsprozess fiel mir irgendwann die Stanford-Rede von Steve Jobs ein. Er sprach davon, dass sich die losen Enden eines Lebensweges, die verschiedenen Punkte im Leben irgendwann einmal verbinden werden. "Sie können die Punkte nicht in der Vorausschau, wohl aber im Rückblick verbinden. Also müssen Sie darauf vertrauen, dass die Punkte sich irgendwann in der Zukunft verbinden. Sie müssen auf irgendetwas vertrauen - auf Ihren Bauch, das Schicksal, das Leben, das Karma oder sonst etwas."

Rückblickend haben mich die verschiedenen Erfahrungen und Stationen meines Lebens zu diesem Punkt gebracht, an dem ich mich für einen Studiengang entscheide. Seit Jahren bewege ich mich auf verschiedenen verbandspolitischen Ebenen, stehe in Verbindung mit Behörden und Ministerien, wirke in Gremien mit, berate verschiedene Funktionsträger, bin an der Entwicklung von Grundlagenpapieren beteiligt. Ich fühle mich auf dem Parkett der Politik, dem Föderalismus, den Rechtsgrundlagen und Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Gesetzgebungen wohl und bewege mich hier sicher.

Vor die Wahl gestellt, ob ich mit Ende 30 nun ein Wirtschaftswissenschaftler und faktisch gesehen Berufsanfänger oder ein Politik- und Verwaltungswissenschaftler mit wirtschaftswissenschaftlichem Hintergrund mit langer verbandspolitischer Berufserfahrung sein möchte, habe ich mich für die Immatrikulation an der Fernuni Hagen zum Bachelorstudiengang "Politikwissenschaften, Verwaltungswissenschaften und Soziologie" entschieden.

Ich vertraue auf mein Bauchgefühl, ich vertraue darauf, dass sich alles abschließend zu einem stimmigen Gesamtbild fügen wird.

Gestern kam die Immatrikulationsbescheinigung sowie mein Studentenausweis. Ich bin jetzt offiziell Student einer Uni. Wer hätte das gedacht...